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Umwelt und Verkehr Verpackungswahnsinn: Händler haben unterschiedliche Strategien

Absurd grosse Pakete sind im Online-Handel an der Tagesordnung. Erklären lässt sich das nur zum Teil.

Kleine Waren in riesigen Paketen, gefüllt mit aufgeblasenen Plastiksäcken, Styropor, Mais-Chips oder Packpapier. «Espresso»-Hörer bestätigen: Solch absurde Verpackungen kommen immer wieder vor. Auf Nachfrage bei grossen Schweizer Versandhändlern wird klar: Absicht ist das in den wenigsten Fällen. Doch es gibt Umstände, die solche Pakete erklären können.

Der Versandhändler Conrad weist auf zwei Gründe hin: Unabhängig von der Grösse würden bei ihnen aus versicherungstechnischen Gründen alle Artikel als Paket verschickt und nicht zum Beispiel als Brief. Man habe sich zudem für einige wenige Karton-Grössen entschieden. Dadurch könne es sein, dass kleine Artikel in unverhältnismässig grossen Paketen geliefert werden.

«Espresso»-Hörerinnen und -Hörer zeigen ihre Beispiele:

Das Problem mit Mehrfachsendungen – und die Lösung?

Bei Mehrfachsendungen kennt das Problem auch Galaxus/Digitec. Unterschiedliche Grössen der Waren in einem Paket machen zurzeit den Versand mit Füllmaterial noch unumgänglich. Wie die Pressestelle auf Anfrage der SRF-Konsumentensendung «Espresso» erklärt, würde ab Spätsommer jedoch eine neue Verpackungsanlage in Betrieb genommen. Hierbei wird der Karton für die Verpackung quasi um die Waren gewickelt, so dass Füllmaterial nur noch in Ausnahmefällen zum Einsatz komme.

Damit dürften auch bedeutend weniger Luftkissen (mit Luft gefüllte Plastiksäckli) zum Einsatz kommen. Neben Galaxus/Digitec setzt diese insbesondere Brack ein. Der Online-Händler weist in einem Statement auf die Umweltverträglichkeit der Luftkissen hin, die am Standort Willisau mit Luft gefüllt werden, und nach Gebrauch dem Plastik-Recycling übergeben werden können. Das geringe Gewicht sei zudem aus ökologischer Sicht ein Vorteil beim Transport.

Sind Mais-Chips und FSC-Papier wirklich besser?

Den ökologischen Aspekt betonen auch Coop, deren Tochtergesellschaft Microspot und Migros. Diese würden in den meisten Fällen auf Packpapier setzen, welches zum Teil zertifiziert sei und im Altpapier entsorgt werden könne. Conrad erklärt dagegen, man setze auch auf sogenannte Mais-Chips, welche zu 100 Prozent biologisch abbaubar und so auch kompostierbar seien. Die Herstellung verbrauche wenig Energie und erfordere keine chemischen Mittel.

Josef Känzig, Leiter der Abteilung Konsum und Produkte beim Bundesamt für Umwelt und zuständig für die Ökobilanzierung ist skeptisch. Eine aktuelle Studie habe gezeigt, dass sich zum Beispiel Popcorn, welches auch zum Teil verwendet wird, nur bedingt als umweltfreundlich eigne. Der Grund: Popcorn ist schwerer als herkömmliches Füllmaterial und ist deshalb für eine höhere Belastung beim Transport verantwortlich.

Am wichtigsten ist der Transportschutz der Waren

Josef Känzig betont, dass der wichtigste Aspekt bei der Verpackung grundsätzlich sei, dass die Waren gut geschützt seien. Die Belastung durch die Waren sei in der Regel um einiges höher als durch die Verpackung, und wenn die Waren beim Transport vor dem ersten Gebrauch kaputt gingen oder – im Falle von Lebensmitteln – verderben würden, dann nütze von der Umweltbilanz her die umweltfreundlichste Verpackung nichts.

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