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Umwelt und Verkehr Werbefirma sackt Sponsorengelder ein

Eine üble Masche mit Sponsoringverträgen: Kleinbetriebe und KMUs sollen Autos von lokalen Organisationen finanzieren. Dafür prangt ihr Werbeschriftzug auf den Wagen. Auf den ersten Blick überzeugen die Sponsor-Verträge der Firmen PMS und Fortuna. Doch sie hinterlassen viele Gerichtsfälle und Ärger.

Die Idee ist besticht: Die Firma PMS Öffentlichkeitswerbung GmbH aus Stäfa stellt, Vereinen, Gemeinden, Heimen und karitativen Institutionen gratis Autos und Busse zur Verfügung. Für die Finanzierung sucht die PMS in den umliegenden Gemeinden Sponsoren, meistens Gewerbler, die als Gegenleistung auf den Fahrzeugen ihre Werbekleber platzieren dürfen.

«Auch langjährige private Spitex-Organisation sind auf Sponsoring und Zuwendungen angewiesen», sagt Ursula Grossmann von der FHS Familien-, Haus- und Seniorenbetreuung aus Riehen BL. Die FHS war mit der PMS einen Vertrag eingegangen. Sie fährt nun kostenlos mit einem Fiat Punto herum.

Doch lieber heute als morgen würde die FHS wieder aus dem Vertrag aussteigen. Lange Wartezeiten auf das Auto, lange Laufzeiten von Verträgen, viel administrative Umtriebe und noch mehr verärgerte Sponsoren brachten der Institution viel Ärger ein.

PMS kassiert bis zu 79 Prozent der Spenden

Der üble Trick der PMS: Die PMS macht keine Abrechnungen. Weder die Sponsoren noch Heime, Gemeinden, Vereine oder karitative Organisationen erfahren, wieviel Geld dem guten Zweck zukommt und wieviel die PMS jeweils selber einsteckt.

«Kassensturz» nennt die Zahlen: Für die Riehener Spitex-Organisation bezahlten ein Dutzend Sponsoren knapp 100'000.- Franken. Der Fiat Punto kostet höchstens 18'000.- Franken. Denn die Firmen PMS und Fortuna Sportwerbung AG kaufen pro Jahr rund 1000 Autos und erhalten einen grossen Flottenrabatt.

Die Reklamekleber kosten maximal 3000.- Franken. Das heisst: Die PMS sackt selber 79'000 Franken ein. Das sind vier Fünftel der eingegangenen Sponsoren-Beiträge. Nur weiss das niemand.

Nach Autos kommen Defibrilatoren

Nach demselben System «sponsert» die PMS Defibrillatoren. Ein Gerät kostet 2000.- bis 3000.- Franken. Es wird neben eine Werbetafel gehängt. Die PMS sucht Sponsoren, die diese Werbefläche bezahlen. Die Werbeeinnahmen für die Werbetafel budgetiert PMS mit 60'000.- Franken. Rechne.

Die PMS Öffentlichkeitswerbung GmbH aus Stäfa gehört zusammen mit der Fortuna Sportwerbung AG aus Wallisellen zur deutschen Unternehmensgruppe Niederberger von Achim Niederberger in Neustadt. Über den Schweizer Ableger der Fortuna Sportwerbung hat Kassensturz schon 1998 berichtet.

Kassensturz wies nach, dass ein Vertreter der Fortuna Verträge manipulierte. Er erhöhte – nachdem Sponsoren unterschrieben hatten – die Laufzeit der Verträge illegal von einem auf fünf Jahre. Damit mussten die Sponsoren plötzlich das Fünffache des geplanten Betrages bezahlen. Fortuna-Chef Beat Jäger betonte damals, involvierten Mitarbeiter seien nicht mehr bei ihm beschäftigt, solche Fehler könnten heute nicht mehr passieren.

Heute, zwölf Jahre später, fallen Aussendienstmitarbeiter von Fortuna und PMS noch immer mit unsauberen und aggressiven Akquisitionsmethoden auf: In Basel luchste ein PMS-Vertreter dem Angestellten eines kleinen Lebensmittel-Lädelis eine Unterschrift ab.

Der Angestellte, ein Tamile, versteht kaum ein Wort Deutsch. Der gutgläubige Angestellte hatte gedacht, es handle sich beim Papier um eine Unterschriftensammlung. Doch dann war das Lädeli im Kleinbasel plötzlich zum Sponsor geworden und hätte 18'500.- Franken bezahlen müssen.

Das Lädeli im Kleinbasel wollte vom Vertrag mit der PMS zurücktreten. Danach wollte die PMS statt der 18'500.- Franken für allerlei Aufwändungen noch 15'192.- Franken. Ein Witz.

PMS zieht Dutzende Sponsoren vor Gericht

Gegenüber Kassensturz bestätigt ein Insider die aggressiven Verkaufs-Praktiken: «Man muss die Leute über den Tisch ziehen. Man muss etwas verkaufen, was in keinem Verhältnis steht zum Ertrag. Ein Auto zum Beispiel kostet 20'000.- Franken. Man muss aber 150'000.- Umsatz machen mit der Werbung. Das heisst: Man muss extrem überteuerte Werbung verkaufen.»

Beat Jäger ist seit 20 Jahren Chef der Fortuna und seit 13 Jahren Geschäftsführer der PMS. 5000 bis 6000 Verträge schliessen die Firmen jedes Jahr ab. Wer sich betrogen fühlt und nicht bezahlen will bekommt es mit der knallharten Geschäftspraxis von Jäger zu tun. Denn der zieht seine Geschäftspartner regelmässig vor Gericht. Dem «Tagesanzeiger» verriet Jäger, dass er pro Jahr Dutzende Fälle vor dem Friedensrichter aushandelt.

Jägers Verteidigung: Die Anzahl der Gerichtsfälle seien bei der hohen Anzahl der Verträge nicht höher als bei anderen Firmen. Zudem stimmte es nicht, dass sich die PMS mit dem Sponsoring eine Goldene Nase verdiene. PMS «erziele mit den Projekten durchschnittlich einen Gewinn von 10 %, ausnahmsweise wird ein Gewinn von bis zu 15 % erzielt».

Und: «Die Aussendienstmitarbeiter geben sich nicht dahingehend aus, sie seien von der Institution, sie erklären lediglich und berechtigterweise, sie würden im Auftrag und auf Empfehlung der Institution handeln.»

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