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Versicherungen Die absurden Ausreden der Versicherungen

Ein Fussgänger schlägt sich an einer Verkehrstafel einen Zahn aus. Absurd: Das sei kein Unfall, behauptet seine Unfallversicherung. Schon kleine Details im Unfallbericht nehmen die Versicherungen zum Anlass, sich vor einer Zahlung zu drücken. «Kassensturz» sagt, was Unfallopfer wissen müssen.

Beat Baumgartner ist letztes Jahr bei einer Grossveranstaltung in Bern im Gedränge mit einer provisorischen Strassentafel zusammengestossen. Er musste notfallmässig zum Zahnarzt: Ein Zahn war abgebrochen, ein Nerv lag frei. Für den Zahnarzt gab es keinen Zweifel. Das war ein typischer Unfall.

«Ja, ich ging davon aus, dass es sich beim augeschlagenen Zahn von Herrn Baumgartner um einen Unfall handelt. Ähnliche Fälle wurden in der Vergangenheit auch als Unfall behandelt», sagte Zahnarzt Marc Frei.

KPT: «Es fehlt an der Ungewöhnlichkeit»

Ein klarer Fall,. Nicht aber für die Unfallversicherung. Die KPT übernimmt den Schaden von knapp 2700 Franken nicht. Der ausgeschlagene Zahn sei kein Unfall im juristischen Sinne, es fehle an der Ungewöhnlichkeit, schreibt sie.

Zudem wirft die Versicherung Beat Baumgartner vor, er schildere unglaubwürdig und plump. Die Schadensskizze taxiert die KPT gar als Kinderzeichnung. Ausserdem habe Beat Baumgartner wichtige Details erst nach und nach bekanntgegeben.

Beat Baumgartner ging vor Gericht. Allein, einen Anwalt kann er sich nicht leisten. Die KPT müsse für den Zahnschaden aufkommen, findet er.

Streitereien wegen Zahnschäden sind regelmässig Vorlesungsstoff von Thomas Gächter, Experte für Sozialversicherungen an der Universität Zürich. Die Versicherungen übernehmen Zahnschäden normalerweise nach Unfällen. Dass die KPT den Fall von Beat Baumgartner nicht als Unfall taxiert, erstaunt den Rechtsexperten.

Das Kriterium der Ungewöhnlichkeit sei doch erfüllt. «Ja, für mich ist das ein Unfall. Es ist ja nicht alltäglich, dass man in eine Tafel läuft,» sagt Gächter.

KPT zieht den Fall vors Bundesgericht

Gleich sieht es auch das Berner Verwaltungsgericht. Die KPT müsse zahlen, sagt der Richter. Aber: Die KPT bleibt stur und zieht den Fall bis vor Bundesgericht. Sie sei von der Richtigkeit ihres Entscheides überzeugt.

«Wir wollen eine Präzisierung der Rechtsprechung erreichen und so eine einheitliche Beurteilung und Gleichbehandlung aller Versicherten gewährleisten,» schreibt die KPT.

Das ist Prämiengeld-Verschwendung

Dass ihn seine Versicherung bis vor Bundesgericht zieht, versteht Beat Baumgartner nicht. Das ist wie ein Schlag ins Gesicht. «Gegenüber den Versicherten finde ich das eine sinnlose Verschwendung von Prämiengeldern. Das kann ich nicht verstehen,» sagt Baumgartner.

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