Die Kassen kassieren, die Prämien bleiben
Rund 80 Prozent der Versicherten haben eine: Eine freiwillige Zusatzversicherung für Aufenthalte im Spital. Sie zahlt Leistungen, die durch die obligatorische Grundversicherung nicht gedeckt sind, und erlaubt mehr Wahlfreiheit. Wer beispielsweise sein Spital auch ausserhalb des Wohnkantons oder auch ein Privatspital wählen will, muss dies separat versichern.
Eine Milliarde Franken von den Kantonen
Diese Zusatzversicherungen sparen ab nächstem Jahr viel Geld. Denn die neue Spitalfinanzierung, die 2012 in Kraft tritt, führt zu einer massiven Kostenverlagerung zwischen den Kantonen und Krankenkassen.
- Bislang haben die Krankenkassen die Kosten der Privatspitäler über die Grund- und Zusatzversicherung alleine finanziert. Das wird nun anders. Ab 2012 zahlen die Krankenkassen den Privatspitälern nur noch 45 Prozent an die medizinischen Leistungen, neu beteiligt sich dafür der Kanton mit 55 Prozent.
- Neu übernehmen die Kantone mehr von den Kosten bei Privat- und Halbprivatversicherten im eigenen Kanton.
- Und: Selbst für ausserkantonale Spitalaufenthalte zahlt der Wohnkanton einen Beitrag an den allgemeinen Teil. Neu kann jeder Patient auch ohne Zusatzversicherung frei wählen zwischen öffentlichen und privaten Spitälern, und zwar in der ganzen Schweiz.
Fazit: Die Kantone, das heisst, die Steuerzahler zahlen mehr, die Zusatzversicherungen werden entlastet. «Wir schätzen, dass die Kantone Mehrausgaben von einer Milliarde Franken haben. Tendenz steigend in den nächsten Jahren», sagt Stefan Leutwyler von der Gesundheitsdirektoren-Konferenz.
Zwar werde noch jetzt über Tarife und die definitiven Spitallisten diskutiert, doch unbestritten ist, dass die Zusatzversicherungen mehr einnehmen würden. «Diese Entlastung der Zusatzversicherungen müsste sich in tieferen Prämien für die Versicherten ausdrücken», sagt Leutwyler.
Rabatt nur für Neukunden
«Kassensturz» hat die zehn grössten Krankenkassen gefragt: Senken sie die Prämien der Spitalzusatzversicherungen im nächsten Jahr? Das Ergebnis der Umfrage ist ernüchternd. Viele Kassen geben das zusätzliche Geld nicht an ihre Kunden weiter. Im Gegenteil: Einige Kassen geben sogar an, die Prämien zu erhöhen.
So zum Beispiel die CSS-Gruppe. 10 Prozent ihrer Versicherten müssen höhere Prämien bezahlen. Die CSS erklärt, diese Versicherungen seien defizitär.
Nur drei Kassen senken Prämien
Ähnlich die Sanitas: keine generelle Senkung, 120'000 Versicherte müssen sogar mehr bezahlen. Pikant: Nur bei neu abgeschlossenen Verträgen gibt die Krankenkasse Sanitas 25 Prozent Rabatt. Keine Prämiensenkung auch bei Assura, Groupe Mutuel, KPT, Swica und Visana.
Immerhin: Die Concordia senkt die Prämien um 10 Prozent. Allerdings nur für den Spitalzusatz für die allgemeine Abteilung ganze Schweiz. Auch Sympany senkt die Prämien nur für die allgemeine Abteilung um 20 Prozent. Einzig die Helsana gibt im nächsten Jahr bei allen Spitalzusatzversicherungen 5 Prozent Rabatt.
Wettbewerb spielt gar nicht
Viel zu wenig, kritisiert Versicherungsspezialist Ruedi Ursenbacher. Er vermutet, die Krankenkassen nützen aus, dass viele aus Altersgründen ihre Zusatzversicherung gar nicht kündigen können.
«Das finde ich nicht korrekt. Die Krankenkassen müssen im nächsten Jahr mit den Zusatzversicherungen ganz klar weniger Leistungen erbringen. Und ich finde, dieser Vorteil sollte den Versicherten weitergegeben werden, indem die Prämien sinken», sagt Ruedi Ursenbacher. Er hat für «Kassensturz» die sieben wichtigsten Fragen zur Wahl und Kündigung von Spital-Zusatzversicherungen (siehe Video oben) beantwortet.
50 Prozent weniger Prämien ─ später
Viele Kassen betonen: Die Auswirkungen der neuen Spitalfinanzierung seien noch unklar, Spitaltarife und Spitallisten noch nicht definitiv. Ausserdem bezweifeln sie, dass das zusätzliche Geld der Kantone wirklich den Krankenkassen zu Gute komme. Die Mehrausgaben würden bei den Spitälern und den Ärzte selber versickern, sagt beispielsweise die Krankenkasse Visana.
Mittelfristig rechnet aber Peter Fischer, Geschäftsführer der Visana-Gruppe mit einer Senkung um 50 Prozent: «Es braucht neue Verträge mit den Spitälern und Kassen. Wir sind in einem Übergangsjahr. Ich rechne, dass die Senkungen erst in 1 bis 2 Jahren eintreten werden.»