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«Für uns ist das schlimm. Wenn die Versicherung nicht zahlt, muss der Camper wohl auf den Schrottplatz.» Tanja Boppart muss beim Anblick ihres Wohnmobils tief seufzen. Auch weil das Innere zurzeit eher aussieht wie ein Schlachtfeld. Um zu eruieren, wo überall Biss-Schäden zu finden sind, hat eine Fachgarage das Interieur auseinander genommen.
Camper um Hotelkosten zu sparen
Gekauft hat die Familie den Camper vor einigen Jahren wegen der sportlichen Aktivitäten ihrer Tochter. Diese betreibt Eiskunstlauf auf hohem Niveau. «Im Frühling und Herbst sind wir sehr viel unterwegs zu Wettkämpfen und Trainingslagern, teils wochenlang. Da erspart uns der Camper die teuren Hotelkosten», erzählt Bruno Boppart.
Türen und Fenster dicht gemacht
Passiert ist der Schaden in einer Scheune. Hier stellen Bopparts das Wohnmobil jeweils im Winter ein. «Wir haben den Camper geputzt, alles Essbare ausgeräumt und Fenster und Türen dicht gemacht». Trotzdem gelingt es Nagern, in das Fahrzeug einzudringen. Dort beissen sie in alle möglichen Kunststoff-Teile: Abdeckungen, Duschwanne, WC-Kassette, Heizung, Rohre und Stromkabel. Überall sind deutliche Bissspuren und tiefe Löcher zu sehen.
Reparatur auch sicherheitsrelevant
«Einen solchen Schaden haben wir noch nie gesehen», sagt Jürg Reinhard, Geschäftsführer des Fachgeschäfts Bantam Camping in Hindelbank. Er schätzt die Reparaturkosten auf rund 20‘000 Franken. Eine Reparatur ist auch sicherheitsrelevant. «Wenn Sie sich vorstellen, dass eine Gasleitung angeknabbert wurde oder ein Elektrokabel bei der Heizung, kann das schnell sehr gefährlich werden.»
Allianz lehnt Deckung aus Marderschutz ab
Den Camper haben Bopparts bei der Allianz Suisse Vollkasko versichert. Enthalten ist auch eine Marderschutz-Deckung. Die Familie ging davon aus, dass der Schaden deshalb gedeckt sei. Ihr Schock ist gross, als die Allianz eine Übernahme ablehnt. Begründung: Der Schaden sei von Mäusen und Siebenschläfern verursacht worden – und nicht von Mardern. Das belege ein biologisches Gutachten.
Nager statt Marder: Der vermeintlich kleine Unterschied kommt die Familie teuer zu stehen. «Damit haben wir überhaupt nicht gerechnet. Und wir verstehen auch nicht, warum die Versicherung diese Unterscheidung macht.» Mit drei Kindern könnten sie sich die 20‘000 Franken für die Reparatur nicht leisten, sagt Tanja Boppart.
Allianz lenkt doch noch ein
Nachdem «Kassensturz» nachfragt, beurteilt die Allianz den Fall plötzlich anders. Es sei ein «echter Grenzfall», welcher durchaus Interpretationsspielraum zulasse.
«Schäden durch Bisse von Nagetieren könnten je nach juristischer Sichtweise auch als ‹Kollision› aufgefasst werden. (…) Wir haben uns im Sinne unseres Kunden deshalb dazu entschlossen, auch für den Gesamtschaden die Plötzlichkeit anzuerkennen, ihn als ein einzelnes Schadenereignis einzustufen und deshalb über die Vollkasko Deckung zu gewähren», so die Allianz.
Nicht gedeckt sind allerdings die Schäden durch den Kot der Nagetiere. Damit kann Familie Boppart aber gut leben. Hauptsache, der Camper muss nicht auf den Schrottplatz.