Ein wesentlicher Kostentreiber im Gesundheitswesen ist das jetzige Abrechnungssystem: Die Ärzte können jeden einzelnen Handgriff in Rechnung stellen, die Krankenkassen müssen alles bezahlen – auch unnötige Leistungen. Je mehr die Ärzte verschreiben, desto höher ist ihr Einkommen. Sie haben also keinerlei Anreize zum Sparen. Wozu auch? Sie würden sich nur ins eigene Fleisch schneiden.
Keine unnötigen Behandlungen
«Ärzte neigen wegen des Einzelleistungstarifs zu Überbehandlungen. Sie tun eher zu viel und verursachen so unnötige Kosten, weil sie daran verdienen», sagt Felix Schneuwly vom Krankenkassenverband Santésuisse. Dieses falsche Anreizsystem im Gesundheitswesen treibt die Prämien nach oben.
Das «Managed Care»-Modell stellt dieses System auf den Kopf. Das zeigt das Beispiel der HMO-Gruppenpraxis von Sanacare in Bern: Neun Ärzte und Ärztinnen arbeiten dort. Sie sind angestellt und bekommen einen Lohn. Sie verdienen also nicht an den einzelnen Leistungen und haben deshalb kein Interesse, unnötige Behandlungen zu verschreiben. Zudem koordinieren die Ärzte Spitalaufenthalte oder die Besuche beim Spezialisten – und achten dabei auf die Kosten. Nachteil für die Patienten: Sie haben nicht mehr die volle freie Arztwahl. Wer krank ist, darf also nicht von sich aus zu einem teuren Spezialisten oder einem andern Arzt gehen.
Bis ein Fünftel weniger Kosten
Konstantin Beck von der CSS hat untersucht, wie viel Kosten «Managed Care»-Modelle sparen. Dazu nahm er 18 HMO-Praxen unter die Lupe. «Im Schnitt sparen ‹Managed Care›-Modelle 10 Prozent Kosten, gute HMO-Praxen sogar 20 Prozent», sagt der Experte. In der Studie wurde berücksichtigt, dass hauptsächlich jüngere und gesündere Menschen in ein «Managed Care»-Modell wechseln. Die Studienergebnisse sind also risikobereinigt.
Die Gesundheitskommission des Nationalrats hat wegen dieser Sparmöglichkeiten eine «Managed Care»-Vorlage verabschiedet: Die Versicherten sollen künftig gezwungen werden, einer HMO-Gesundheitspraxis oder einem Ärztenetzwerk beizutreten. Wer nach wie vor die freie Arztwahl will, muss doppelt so viel Selbstbehalt bezahlen wie heute. Nächste Woche wird der Nationalrat die Vorlage beraten.
Alle Beteiligten in Pflicht nehmen
Die Vorlage wird in allen Parteien breit unterstützt. Doch es regt sich auch Widerstand. SP-Nationalrätin Christine Goll lehnt das Vorhaben ab: «Es ist inakzeptabel, dass die Versicherten wieder mehr belastet werden durch den höheren Selbstbehalt.» Ausserdem befürchtet Goll eine Zweiklassenmedizin und dass die Krankenkassen zu viel Macht erhalten. Dem widerspricht CVP-Nationalrätin Ruth Humbel. Mit HMO-Praxen und Ärztenetzwerken werde die Behandlungsqualität sogar verbessert. Ausserdem könne man nicht «völlige Wahlfreiheit» anbieten, wenn gleichzeitig die Prämien gesenkt werden sollten.
Um Kosten im Gesundheitswesen zu sparen, müssten alle Beteiligten in die Pflicht genommen werden: «Die Versicherten, die Ärzte und die Kassen, damit sie mit der Jagd auf gesunde Risiken aufhören», so Humbel weiter.