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Wohnen Berner Politiker im Clinch mit Bauherren und Steuerbehörde

Ein Malermeister aus Bern pfuscht bei der Sanierung einer Hausfassade. Die Hausbesitzer müssen 50‘000 Franken abschreiben. «Kassensturz»-Recherchen zeigen: Der Malermeister, ein bekannter Berner Gemeindepolitiker, wird von der Steuerverwaltung betrieben.

«Was mit dieser Fassade passiert ist, ist ein absoluter Pfusch.» Stockwerkeigentümer David Bucher ist enttäuscht. «Und mittlerweile ist die Fassade sogar lebensgefährlich». Eines Tages fiel ein grosses Stück der Fassade herunter und wäre ihm fast auf den Kopf gefallen.

Die Fassade saniert hat der diplomierte Malermeister Roland Jakob. Er ist Unternehmer und Stadtberner SVP-Politiker. Im Berner Stadtparlament sitzt er als Fraktionspräsident der SVP.

Seit Jahren nur Ärger

Merkblatt SMGV:

Vor vier Jahren gaben die Stockwerkeigentümer dem lokalen Malermeister den Auftrag, die 30-jährige Hausfassade an ihrem Mehrfamilienhaus in Herrenschwanden bei Bern zu renovieren. Nur drei Monate nach der Sanierung bildeten sich erste Risse. Danach lösten sich grössere Stücke. Die R. Jakob GmbH besserte nach. Erfolglos. Nach mehrmaligen erfolglosen Flickarbeiten des Malermeisters schlugen die Stockwerkeigentümer den Gang zur Schlichtungsbehörde ein. Diese verpflichtete den Malermeister, die Fassade fachgerecht instand zu setzen. Kein Jahr später bröckelt sie erneut. Die Eigentümer haben inklusive Gerichtskosten 50‘000 Franken ausgegeben. Sie müssen jetzt die Sanierung erneut in Auftrag geben.

Malermeister bezahlt nicht alle Mehrwertsteuer

Mann an einem Rednerpult.
Legende: Der Berner Politiker Roland Jakob. SRF

Die Eigentümer haben das Vertrauen in Malermeister Jakob verloren. Auf Grund seiner finanziellen Situation können sie ihn auch nicht belangen, sagt David Bucher. «Wir werden somit auf den Kosten sitzen.» Tatsächlich: Der Betreibungsregisterauszug des Maler-und Gispergeschäfts R. Jakob ist seitenlang. Allein die Verlustscheine belaufen sich auf fast 80'000 Franken. Auffallend: Viele Forderungen betreffen die Mehrwertsteuer. Offenbar bezahlt die GmbH des diplomierten Malermeisters dem Staat nicht sämtliche Mehrwertsteuer. Dies seit Jahren! In den Rechnungen der Kunden hingegen erhebt Roland Jakob die Mehrwertsteuer.

Service:

Der Politiker sorgte bereits vor fünf Jahren für Schlagzeilen. Die Vorwürfe auch damals: Er bezahle nicht sämtliche Mehrwertsteuer. Zudem habe seine Firma die AHV-und Pensionskassengelder seinen Angestellten abgezogen, aber nicht immer weitergeleitet. Diese Kampagne habe seine Firma in den finanziellen Notstand gestürzt, sagt heute Roland Jakob. Er betont, dass er diesbezüglich allen Verpflichtungen nachgekommen sei. Seither sei er mit der Steuerbehörde im Clinch. Die aktuellen Vorwürfe weist er zurück, die Forderungen seien unberechtigt. «Die Beträge sind Einschätzungen und werden von mir bestritten und durch das nachträgliche Einreichen der entsprechenden Unterlagen korrigiert», antwortet Roland Jakob den Fragen von «Kassensturz».

Fassade bröckelt weiter

Braune Fassade mit weissen Flecken.
Legende: Die Fassade ist ein einziges Flickwerk. SRF

Zum Fall der Fassadensanierung schreibt Roland Jakob, er habe vor der Sanierung mit seinem Lieferanten die Fassade begutachtet. Beide seien der Meinung gewesen, eine sanfte Renovation sei machbar. Zudem hätten sich die Eigentümer für diese Sanierung ausgesprochen. «Im Protokoll zur Schlichtungsverhandlung signalisierte die Bauherrschaft klar, dass sie eine weitere Zusammenarbeit mit meiner Firma nicht mehr wünsche. Diesen Wunsch werde ich auch zukünftig respektieren», schreibt Roland Jakob an «Kassensturz».

Für Bauexperten ist offensichtlich, dass die Fassade nicht fachgerecht renoviert worden ist. Thomas Staub erstellt für den Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verband SMGV Gutachten. Für «Kassensturz» schaut er sich die Fassade genau an. Sein Urteil: Der Malermeister habe die Sachlage von Beginn an falsch eingeschätzt. Eine solche Renovation hätte er niemals machen dürfen. «Die Renovation hat hier nicht funktioniert. Die Beratung und die Unterlagen, welche man hätte benutzen können, hat man leider nicht gebraucht».

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