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Wohnen Briefkasten-Posse: Regulierungswahn der Post

Wehe, wenn dem Pöstler der Briefkasten nicht gefällt. Denn Ordnung muss sein, vor allem bei der Post. Eine Briefkasten-Verordnung mit vielen Ausnahmen schreibt alles genau vor. Dies bekam eine Familie aus Bern zu spüren. «Kassensturz» berichtet über den Regulierungswahn der Schweizer Post.

Corine und Peter Minder von Zäziwil im Emmental sind Amerika-Fans – das zeigt sich auch an ihrem echten US-Briefkasten, sogar bewilligt vom Postmaster General. Doch die Country-Idylle ist dahin, seit Corinne Minder Anfang November Besuch erhielt von zwei Schweizer Postangestellten. Sie seien extra aus Bern angereist.

Corinne Minder: «Sie sagten, mein Briefkasten sei nicht mehr toleriert. Ich war mir das auch bewusst, und ich bin auch gewillt, einen anderen Briefkasten hinzutun.»

An der Grundstücksgrenze

Die entsprechende Belehrung bekam Corinne Minder noch schriftlich zugestellt. Wie das meiste in der Schweiz sind auch die Briefkästen gesetzlich normiert: Briefschlitz, Paketfach, Höhe, Breite, Tiefe. Keine Chance für Minders Country-Briefkasten.

Doch das allein ist nicht das Hauptproblem. Corinne Minder: «Ich darf ihn nicht hier lassen, wo ich ihn gerne wollte, sondern ich muss ihn nach vorne nehmen, an die Hausecke, das ist das äusserste, was sie mir gestatten.»

Minders müssen ihren Briefkasten um 2,47 Meter verschieben. Die Post beruft sich auf die Verordnung zum Postgesetz. Briefkästen müssen an der Grundstücksgrenze stehen. Ausnahmen finden sich schon bei den Nachbarn von Minders: Bei Häusern, die vor 1974 gebaut wurden, toleriert die Post einen Weg von 10 Metern. Auch bei Mehrfamilienhäusern darf der Briefkasten beim Hauseingang sein.

Keine Hauszustellung mehr

Absurd: Bei der Familie Minder muss der Postbote sowieso aus dem Auto steigen, um den posteigenen Briefkasten auf der anderen Strassenseite zu lehren. «Es ist genug Platz da, er hat kein Problem. Ich habe einfach langsam das Gefühl, es ist eine Schikane der Post», sagt Minder.

Das Gesetz erlaubt eine weitere Ausnahme: Wenn nämlich der Mehraufwand für den Postboten vertretbar ist.

Doch bei Minders bleibt die Post hart, auch wenn das im Einzelfall ein bisschen komisch aussehen möge. Mediensprecher Oliver Flüeler: «Wenn man das hochrechnet, wenn jede Haushaltung auf eine andere Art zugestellt werden muss – hinter das Haus, neben das Haus, bei der Garage, beim Gartenhäuschen – dann verliert der Pöstler dermassen viel Zeit, dass am Schluss des ganzen Ablaufs jemand 40 oder 60 Minuten auf seine Post warten muss.»

Corinne Minder will ihren Briefkasten nicht versetzen. Die Regulierungswut der Post hat Folgen. Minders bekommen zu Hause keine Briefe mehr. Corinne Minder muss ihre Post jetzt im Postfach in Zäziwil selber holen.

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