Herbert Walt lebt in einem 350-jährigen Haus im Weiler Schmalzgrueb in Küsnacht (ZH). Seit 40 Jahren hat er sein Haus kaum verändert. Trotzdem hat das Steueramt seine Liegenschaft neu bewertet und den Eigenmietwert des Rentners stark erhöht. Herbert Walts Eigenmietwert steigt um 36 Prozent von zirka 15‘000 Franken auf 21'400 Franken. Das schmerzt den Rentner. Denn das heisst für ihn: höhere Steuern.
Kein höheres Einkommen
Es geht um viel Geld für alle, die ein Haus gekauft haben und selbst bewohnen. Den Wert der unentgeltlichen Nutzung, den sogenannten Eigenmietwert, müssen sie als Einkommen versteuern. Im Gegenzug dürfen Eigentümer einen Abzug bei den Steuern machen: Für Hypothekarzinsen, die sie ihrer Bank bezahlen, und für Unterhaltskosten für das Haus.
Grundsätzlich sollte der Eigenmietwert einer Miete entsprechen, die der Eigentümer für sein Haus auf dem Markt verlangen könnte. Zur Eigentumsförderung reduzieren viele Kantone den Eigenmietwert auf rund 60 bis 70 Prozent einer Marktmiete. Wie hoch der Eigenmietwert eines Hauses ist, bestimmen die Kantone regelmässig neu. Die meisten Eigentümer haben schlechte Karten: Höherer Eigenmietwert und deshalb höhere Steuern.
Der Zürcher Kantonsrat Hans Egloff ist Anlaufstelle für verärgerte Hausbesitzer. Denn der Kanton hat die Eigenmietwerte erhöht. Egloff ist Vorstandsmitglied des Hauseigentümerverbandes, der den Eigenmietwert mit einer Initiative bekämpft. Er sagt, die Leute seien sehr betroffen. Hans Egloff: «Sie fragen gerade heraus: Was soll ich jetzt machen? Ich werde eine deutlich höhere Steuerrechnung bekommen, habe aber auf der anderen Seite kein entsprechend höheres Einkommen, über das ich verfügen kann.»
Wehren jederzeit möglich
Andelfingen im Zürcher Weinland: Silvia und Peter R. besitzen ein 5,5-Zimmer-Einfamilienhaus. Das Steueramt hat das Haus neu bewertet. Ihr Eigenmietwert steigt von 30'000 auf 48'800 Franken. Dieser Wert entspricht einer Marktmiete von 5800 Franken. «Absolut nicht marktgerecht», Andelfingen sei ländliches Gebiet, ärgert sich das Ehepaar. Ihr Eigenmietwert steigt um 62 Prozent. Das entspricht plus 18'800 Franken Einkommen. Das heisst: Eine Familie mit beispielsweise 100'000 Franken Einkommen müsste 4300 Franken Einkommensteuer zusätzlich bezahlen.
Lorenz Heim vom VZ Vermögenszentrum sagt, Eigentümer können sich gegen einen zu hohen Eigenmietwert wehren. Und zwar jederzeit. Nicht nur, wenn der Kanton den Wert erhöht. Lorenz Heim: «Es kann sein, dass sich die Lebensumstände ändern – wenn die Kinder ausziehen.» In gewissen Kantonen könne man dann Unternutzung geltend machen. Auch eine massive Veränderung der Immobilienpreise könne Anlass sein, einen tieferen Eigenmietwert zu verlangen.
Das Ehepaar R. musste nach dem Bau ihres Hauses schon einmal gegen einen zu hohen Eigenmietwert ankämpfen. Das Steueramt hatte ihr Land zu hoch bewertet. Silvia und Peter R. gehört das Land bis zur Strasse. Weil die Gemeinde dort ein Trottoir plante, durften sie nur bis zur Baulinie, acht Meter von der Strasse entfernt, bauen. Ihr Land ist deshalb weniger Wert. Nach ihrem Einspruch hat das Steueramt den Eigenmietwert gesenkt. Nun müssen sich Silvia und Peter R. erneut wehren.
Den tieferen Wert einsetzen
Auf der Steuererklärung müssen Hauseigentümer, die sich wehren wollen, die nach ihrer Ansicht richtigen Angaben machen, empfiehlt Immobilienexperte Lorenz Heim. Lorenz Heim: «Der erste Schritt ist, dass ich in der Steuererklärung den tieferen Eigenmietwert einsetze – den, den ich für richtig halte. Den muss ich auch mit ein paar Stichworten begründen.» Um eine Schätzung beizulegen, sei es noch zu früh. «Ausser ich habe schon eine Schätzung, die ich beiziehen kann», ergänzt der Immobilienexperte.
Herbert Walts neuer Eigenmietwert entspricht 2500 Franken Marktmiete. Für den Rentner ist das viel zu viel. Herbert Walt: «Ich habe dem Steuerberater gesagt, er solle den alten Satz nochmal eingeben. Jetzt werden wir sehen, was passiert.»