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Wohnen Liftkonzerne schröpfen Mieter und Eigentümer

Liftkonzerne wie Schindler und Otis kassieren mit überteuerten Serviceverträgen über Jahre ab – auf Kosten von Mietern und Wohnungseigentümern. «Kassensturz» zeigt, mit welchen Praktiken sich die Liftkonzerne das Geschäft sichern.

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Rund 200‘000 Lifte sind in der Schweiz in Betrieb. Sie müssen regelmässig gewartet werden. Wie oft ein Servicetechniker kontrolliert, entscheidet der Lift-Hersteller. Eine Lift-Wartung dauert in der Regel nicht länger als eine Stunde.

Irma Cardon besitzt eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Kappelen. Der Servicetechniker der Firma Schindler kommt sechsmal im Jahr für die Wartung vorbei. Der Wohnungseigentümerin fielen die hohen Kosten auf: Die sechs Stockwerkeigentümer zahlen dem Liftkonzern Schindler für die Wartung pro Jahr 2880 Franken. Das macht pro Einsatz des Servicetechnikers 480 Franken. Frau Cardon wurde misstrauisch: «Ich habe das Gefühl, dass uns Schindler abzockt und sich mit diesen Serviceabonnement bereichert.»

Die grossen Liftfirmen halten sich zugeknöpft

Misstrauisch wurde auch Franz von Arx aus Bad Zurzach. Er wohnt seit zwei Jahren in einer neuen Überbauung mit zwei Liftanlagen der Firma Otis. Der Besitzer der Eigentumswohnung überprüfte die Wartungsverträge und rechnete nach: «Der Lift-Monteur kommt bei uns viermal im Jahr vorbei. Wenn ich den Preis vergleiche, der im Vertrag steht – fast 5000 Franken – so kostet jeder Besuch fast 1200 Franken die Stunde. Das finde ich überrissen.»

Globale Liftkonzerne binden die Kunden mit teuren und langjährigen Verträgen und kassieren so ab. Denn niemand verzichtet auf eine Lift-Wartung. Stellung nehmen möchten die Firmen aber nicht. Preispolitik und Kostenstruktur zu Wartungsverträgen würden in den Medien nicht kommentiert, sagt Liftkonzern Schindler. Und auch Otis, die Nummer eins weltweit, gibt sich zugeknöpft. Das Liftunternehmen betont die Leistungen ihrer Serviceverträge wie beispielsweise einen ständigen Anschluss an eine Notdienstzentrale 24 Stunden pro Tag, 7 Tage die Woche und die Befreiung von eingeschlossenen Passagieren rund um die Uhr.

Riesen Gewinnmarge

«Kassensturz» kontaktiert Servicemonteure und Planer aus der Liftbranche. Niemand will offen darüber sprechen. Doch sie bestätigen: Mit den Wartungsverträgen lässt sich leicht Geld verdienen. Teure Serviceverträge, lange Vertragsdauer von fünf bis zehn Jahren – auf Kosten von Wohnungseigentümern.

Alfred Meier ist Präsident des Verbandes der kleinen Lift-Firmen und Kenner der Branche. Er spricht aus, was viele sagen: Die Liftkonzerne sichern sich das Geschäft bereits mit dem Einbau der neuen Liftanlagen. «Die grossen Liftfirmen sind in der Lage, am günstigsten zu offerieren. Diese bekommen dann die Aufträge der Generalunternehmen. Das Geld muss ja irgendwie erwirtschaftet werden. Dies kann man mit Service und Ersatzteilen wieder wett machen.» Die Generalunternehmen kümmern sich nicht um die Folgekosten für Eigentümer und Mieter.

Alfred Meier nennt «Kassensturz» Beispiele für teure Serviceleistungen und Ersatzteile. Er kämpfte mit seiner kleinen Liftfirma jahrzehntelang um Aufträge. Um konkurrenzfähig zu bleiben, versuchte er, Ersatzteile günstiger zu beschaffen als die Liftkonzerne ihm verkaufen wollten. Zum Beispiel eine Türrolle der Firma Schindler: «Die Rolle der Firma Schindler kostet 104 Franken, ein vergleichbares Eigenfabrikat kostet zwischen 40 und 45 Franken das Stück.»

Die Wartungsverträge der grossen Liftkonzerne, ein lukratives Geschäft. Das bestätigen weitere Personen der Liftbranche. Genannt wird eine Gewinnmarge bei Wartungsverträgen von 70 bis 75 Prozent.

«Kassensturz» fragt bei der Nummer eins in der Schweiz nach, bei der Firma Schindler in Ebikon. Schindler verkaufe die Lifte zu üblichen Marktpreisen und der Grossteil der Wartungskosten entstehe nicht aus den Arbeitszeiten der Servicetechniker, sondern würde im Hintergrund erbracht.

Verwaltungen wollen keine günstigen Liftabos

Aber auch Mieterinnen und Mieter müssen teure Serviceverträge in den Nebenkostenabrechnungen bezahlen. Felicitas Huggenberger vom Zürcher Mieterverband erklärt das Problem: «Leider sind die Verwaltungen nicht daran interessiert ein günstiges Liftabo abzuschliessen. Erstens weil sie die tatsächlichen Kosten auf den Mieter überwälzen können und zweitens weil das Verwaltungshonorar höher wird.»

Dennoch: Günstige Liftwartungen bei gleichem Service, das ist möglich. Was viele nicht wissen: Auch kleine, regionale Liftfirmen können Lifte von Otis und Schindler warten. Wie beispielsweise die Firma Interlift in Basel. Manuel Libsig von der Firma Interlift Basel erklärt: «Für die Wartung kontrolliere ich die Sicherheit, den Fahrkomfort und der Alarm. Dafür brauche ich nicht länger als 45 Minuten, maximal eine Stunde.» Und: Auch kleine Liftfirmen befreien eingeschlossene Passagiere rund um die Uhr und garantieren ein Notrufsystem. Die Kosten sind jedoch um 30 bis 50 Prozent tiefer als die der globalen Liftkonzerne.

Auch kleine Firmen können Liftwartung übernehmen

Die beiden Liftkonzerne Schindler und Otis betonen: Der Kunde habe bei den Wartungsverträgen freie Wahl. Er könne bei Vertragsabschluss den Anbieter wechseln. Das scheint leider nicht der Fall. Franz von Arx wollte vorzeitig aus dem Vertrag der Firma Otis aussteigen und die Wartung einer lokalen Firma übergeben. Doch Otis stellte sich quer: «Der Vertreter der Firma Otis sagte uns klar: Erstens wollen sie an dem Vertrag fest halten, welcher die Verwaltung mit Otis abgemacht habe. Und zweitens könne man nicht wechseln, weil die Liftanlage auch mit einer Intelligenz versehen sei, welche auf die Zentrale der Firma Otis geschaltet sei.»

«Reine Angstmacherei, um den Wettbewerb zu verhindern», kritisiert Alfred Meier. Auch kleine Firmen müssten ein Notfallsystem garantieren. Technisch sei deshalb ein Wechsel zu einer lokalen Liftfirma möglich und einfach.

Überteuerte Wartungsverträge mit teuren Ersatzteilen. Das Geschäft mit der Sicherheit im Lift. Ein sicheres Geschäft für die globalen Liftkonzerne.

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