Seit langem träumt Elvira Danuser von einem Ofen im Wohnzimmer. An der Winterthurer Messe traf sie im Herbst 2004 auf den Stand der Firma Tiro Naturofen. Ein Mitarbeiter schlug ihr vor, eine Offerte zu machen und sagte, diese koste 450 Franken. Elvira Danuser war bereit, für den Plan und den Kostenvoranschlag zu bezahlen. Und sie betont, dass sie beim Mitarbeiter nachgefragt habe:«Was passiert, wenn wir den Ofen nicht bauen können? Er hat gesagt, wir müssten die 450 Franken bezahlen.»
Doch jetzt hat ihr die Firma Tiro eine Rechnung über 4200 Franken geschickt, für den Ausstieg aus dem Kaufvertrag.
Ofen aus finanziellen Gründen nicht realisierbar
Gemäss Offerte kostete der Ofen 24000 Franken. Das war Elvira Danuser viel zu teuer. Sie sagte dem Mitarbeiter bei der Besprechung im Oktober 2006 am Tiro-Hauptsitz in St. Gallen, dass der Ofen aus finanziellen Gründen nicht realisierbar sei. Dann machte er ein Angebot: Er wollte diese Offerte fix bis Herbst 08 stehen lassen und forderte Elvira Danuser auf, die Offerte zu unterschreiben.
Elvira Danuser erklärt, sie hätte das so kommuniziert, dass sie den Ofen bauen nur lassen würde, wenn es möglich wäre. Und sie wirft dem Mitarbeiter vor: «Er hat uns wichtige Informationen vorenthalten, die relevant gewesen wären, sonst hätten wir nicht unterschrieben.»
4200 Franken für einen nicht gekauften Ofen
Die Firma Tiro Naturofen in St. Gallen widerspricht. Sie sagt, Elvira Danuser habe die Offerte unterschrieben und damit einen verbindlichen Vertrag abgeschlossen. Weil Elvira Danuser den Ofen nun nicht baue und vom Vertrag zurücktrete, müsse sie die aufgelaufenen Kosten der Firma von 4200 Franken bezahlen.
In einer Stellungnahme schreibt die Firma Tiro Naturofen: «Zur Vermeidung von eventuellen Missverständnissen wird zusätzlich die detaillierte Auftragsbestätigung erstellt und innerhalb von maximal sieben Tagen der Kundschaft zugeschickt.»
Elvira Danuser räumt ein, dass sie eine Auftragsbestätigung bekommen hatte: «Die habe ich als zusätzliche Bestätigung angeschaut, dass sie nochmals bestätigen, was auf der Offerte stand.» Aber als verbindliche Vertragsbestätigung habe sie diese nicht wahrgenommen.
Kein Einzelfall
Der Fall von Elvira Danuser ist keine Ausnahme. «Kassensturz» hat Kenntnis von mehreren ähnlichen Fällen: Auch diese Kunden dachten, sie müssten nur für die Offerte und den Plan bezahlen. Daraus wurde ein verbindlicher Auftrag, ohne dass ihnen das bewusst war. Auch Erich Schäpper machte ähnliche Erfahrungen mit der Firma Tiro. Als er vor vier Jahren sein Haus baute, verliess auch er sich auf die mündliche Abmachung. Er machte eine Zusage, unter der Bedingung, dass seine Architektin einverstanden wäre. Ohne das Ok der Architektin abzuwarten verschickte die Firma eine Woche später die Auftragsbestätigung. Erich Schäpper vergass, sofort zu reagieren. Als die Architektin der Tiro absagte, bekam auch er eine saftige Rechnung über 6000 Franken für aufgelaufene Kosten.
Erich Schäpper ärgert sich: «Das war der einzige Handwerker mit dem wir so eine Erfahrung gemacht haben. Heute würde ich sofort schriftlich festhalten: Stopp. Das ist keine Bestätigung, bevor nicht alles restlos geklärt ist.»
Einzelfälle haben vor Gericht kaum Chancen
Rechtsexpertin Doris Slongo hat dieverschiedenen Fälle für «Kassensturz» analysiert. Sie kommt zum Schluss, dass die schriftlichen Unterlagen als verbindliche Vertragsabschlüsse ausgelegt werden könnten. Auffallend sei aber, dass alle Kunden betonten, im Gespräch seien andere Versprechungen gemacht worden. Doris Slongo hält fest: «Es scheint System zu haben und der Einzelfall kann sich kaum wehren, weil er nicht gut beweisen kann, was damals im Gespräch gemeint war.»
Für eine gerichtliche Durchsetzung wiegen schriftliche Dokumente mehr. Trotzdem sieht Rechtsexpertin Doris Slongo eine Möglichkeit. Sie kann sich vorstellen, dass mehrere Fälle, die sich alle gleich zugetragen haben, auch einen Richter «ins Studieren bringen könnten».