Stefan Schmid und Christine Hermann wollten dem Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz beitreten. Christine Hermann googelte die Adresse und meldete sich an. Kurz darauf entdeckte ihr Partner, dass Hermann das Abonnement nicht beim Mieterverband, sondern beim Mieterschutz Schweiz abgeschlossen hatte.
Die Mieterschutz Schweiz ist kein Verband sondern eine Firma. Um Abonnenten anzulocken wirbt sie im Internet gleich mit sechs verschiedene Webseiten (siehe unten). Für eine Gebühr von 95 Franken sollen Mitglieder kostenlose Mietrechtsauskünfte erhalten.
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Drohung mit Betreibung
Schmid und Hermann wollten umgehend vom Vertrag zurücktreten. Doch die Mieterschutz Schweiz MSS GmbH akzeptierte den Rücktritt nicht. Wer aussteigen will muss mit Betreibung-Versuchen des geschäftstüchtigen Chefs von «Mieterschutz Schweiz», Fabian Strässle rechnen.
Einen Eintrag im Betreibungsregister ist das letzte, was Mieter auf Wohnungssuche gebrauchen können. «Da fühlt man sich machtlos und bezahlt halt», sagt Stefan Schmid.
Der «richtige» Mieterverband wird verwechselt
Dass um Rat suchende Mieter reihenweise auf die Internetwerbung hereinfallen, zeigt sich beim Mieterverband Deutschschweiz. Beatrice Jäggi: «Wir vom Mieterinnen und Mieterverband merken dies vor allem, wenn sich verärgerte Leute bei uns melden. Nachdem sie über schlechten Service klagen, stellt sich dann oft heraus, dass die gar nicht Mitglied von uns sind, sondern dem Mieterschutz Schweiz beigetreten waren.»
Beim Mieterverband sammeln sich auch Rückmeldungen zur mangelhaften Beratungsqualität der Mieterschutz-Firma. Oft seien Antwort-Mails «sehr oberflächlich und pauschal abgefasst», sagt Jäggi, zudem erhielten Mieterinnen und Mieter manchmal gar keine Rückmeldung.
Vor allem aber gibt es beim Mieterschutz keine persönliche Beratung. Doch genau dies wäre bei oft komplexen mietrechtlichen Problemen enorm wichtig.
Firmensitz nicht zu finden
Die Mieterschutz Schweiz GmbH gehört Yulia Strässle und deren Partner Fabian Strässle. Domiziliert war die Firma bis 2014 im appenzellischen Teufen. «Kassensturz» weiss: In Teufen wurde zwar Miete bezahlt, wirklich dort waren die Strässles aber nicht.
Jetzt ist der Mieterschutz in Zug domiziliert (Handelsregister-Eintrag von Mieterschutz Schweiz) . Seltsam: Am offiziellen Schweizer Hauptsitz an der Baarerstrasse 135 findet «Kassensturz» weder Firmenschild noch Klingel. Nicht einmal einen Briefkasten. Die Erklärung: Fabian Strässle ist gar nicht in Zug. Er wohnt in Dubai und regelt den Mail-Verkehr mit dem Mieterschutz von dort aus.
Wohnortsgemeinde getäuscht
Yulia Strässle wohnt gemäss Gemeindeverwaltung in Unterägeri an der Buchholzstrasse 28. «Kassensturz» findet heraus: Das ist gelogen. An der Buchholzstrasse wurde einer Person Geld angeboten, damit sie Yulia Strässle zu einem Schein-Wohnsitz verhilft. Für 4000 Franken pro Jahr. Die Person lehnte ab.
Die Adresse wurde trotzdem der Gemeinde gemeldet. Aufgrund der Rückmeldung von «Kassensturz» geht jetzt die Gemeinde dem Schwindel nach.
Mutiger Mieter klagt gegen Mieterschutz
Strässles wollten auch Lutz Pfaff betreiben. Pfaff hatte jahrelang 95 Franken fürs Abo bezahlt, auf simple Anfragen aber nur 08/15-Antworten erhalten. Deshalb wollte er die Gebühren zurück. Abo-Verkauf ohne echte Gegenleistung. Dahinter vermutet er das eigentliche Geschäftsmodell der Mieterschutz GmbH.
Deshalb erstattete Pfaff Strafanzeige: «Ich war der Meinung, das ist eine Straftat. Denn sie haben sich Beiträg erschlichen, ohne jemals die Absicht gehabt zu haben, dafür eine Leistung zu erbringen.» Pfaff klagte wegen Betrugs und Widerhandlung gegen das UWG, das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.
Staatsanwalt stellt Ermittlung ein
Das Fazit: Eine Firmeninhaberin täuscht einen falschen Wohnsitz vor. Die Firma selbst täuscht Filialen in der ganzen Schweiz vor, hat gemäss Polizei-Bericht 2014 aber nur einen einzigen Berater. Seit Jahren führt die Firma Mieter an der Nase herum.
Und trotzdem wird nicht gegen die Firma vorgegangen: «Irgendwann erhielt ich die Nachricht der Staatsanwaltschaft, dass es keine nachweisliche Arglist gäbe und dass deswegen die Ermittlungen eingestellt würden», klagt Lutz Pfaff. Er hätte sich gewünscht, dass die Polizei ein wenig genauer hingeschaut hätte.
Yulia und Fabien Strässle vom Schweizer Mieterschutz wollten zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen.
Eine Firma – sieben Internet-Adressen
Um Abonnenten anzulocken wirbt die Mieterschutz Schweiz MSS GmbH im Internet gleich mit sieben verschiedene Webseiten: