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Legasthenie – Viel Forschung mit wenig Impact
Aus Puls vom 22.01.2018.
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Bchuabstenlasat im Kopf

Über die Ursachen der Legasthenie ist immer mehr bekannt. Ein schnelles Mittel dagegen fehlt aber weiterhin.

Lesen und Schreiben gehören zu den Grundfertigkeiten in unserer Gesellschaft. Wer sie nicht beherrscht, für den oder die ist vieles schwierig, wenn nicht gar unmöglich.

Speziell der auf Lernen durch Lesen und Schreiben ausgerichtete Schulunterricht stellt Kinder mit Legasthenie vor eine schier unüberwindbare Herausforderung – obwohl sie nicht weniger intelligent sind als ihre Klassenkameraden.

Forscher versuchen seit Jahren zu verstehen, warum Menschen mit Legasthenie das Lesen und Schreiben so schwerfällt. Inzwischen ist klar, dass das Erbgut eine wichtige Rolle bei der Ausbildung der Störung spielt.

Es gibt biologische Grundlagen für diese Behinderung – es ist nicht die Schuld der Betroffenen.
Autor: Silvia Brem

In Wechselwirkung mit der Umwelt führen Gene dazu, dass sich das Gehirn von Menschen mit Legasthenie anders entwickelt, als bei solchen ohne die Störung: Netzwerke im Hirn bilden sich anders aus und führen dazu, dass der Leseprozess weniger effizient abläuft.

Die Neurowissenschaftlerin Silvia Brem forscht an der Universität Zürich zu den Ursachen von Legasthenie im Gehirn. Die Erkenntnisse aus der Forschung seien für Betroffene eine Entlastung: «Es gibt gängige Vorurteile, dass diese Menschen nicht intelligent genug sind, dass sie faul sind. Das kann die Forschung entkräften. Es gibt biologische Grundlagen für diese Behinderung – es ist nicht die Schuld der Betroffenen.»

Ursachentherapie greift nicht

Die Ursachen von Legasthenie verstehen Forscher immer besser. Diese Erkenntnisse haben sich aber bisher noch nicht in wirksamen Therapien für Betroffene niedergeschlagen.

Ursachentherapien, die an bestimmten Prozessen im Gehirn ansetzen, bringen Betroffenen bisher kaum etwas. Das liegt laut Silvia Brem auch daran, dass Legasthenie nicht eine einzige Ursache hat, sondern viele verschiedene Prozesse dabei eine Rolle spielen.

Man hat in zahlreichen Studien gesehen, dass es keine einfachen Lösungen gibt.
Autor: Silvia Brem

«Man hat in zahlreichen Studien gesehen, dass es keine einfachen Lösungen gibt», weiss die Professorin. «Man kann nicht einfach einen Prozess trainieren und danach geht alles.» Stattdessen müsse man bei ganz vielen Puzzleteilen ansetzen, damit es am Ende im Ganzen funktioniert.

Bei Therapien, die an den Ursachen ansetzen und Hoffnung auf schnelle und einfache Erfolge machen, rät Brem zu Vorsicht. «Es gibt viele Therapien, die bei den Ursachen ansetzen wollen, zum Beispiel bei der Wahrnehmung. Studien haben aber gezeigt, dass das nicht so viel bringt.»

Intensives Training bleibt die beste Therapie

Silvia Brem empfiehlt stattdessen intensives Lese- und Rechtschreibtraining, sogenannte Symptomtherapie. In wissenschaftlichen Studien haben solche Therapien die besten Effekte gezeigt. Der Grund: Sie trainieren alle Prozesse, die dem Lesen und Rechtschreiben zugrunde liegen.

Besonders effektiv sind solche Trainings gemäss Brem dann, wenn man früh mit ihnen beginne. «Kinder mit Legasthenie entwickeln wegen ihrer Situation oft auch soziale, emotionale oder psychologische Probleme.» Beim besten Willen nicht lesen oder schreiben zu können, ist unglaublich frustrierend. Werden die Kinder früh unterstützt, bleibt ihnen diese Erfahrung erspart.

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