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Bezahlbare Prothesen – Kinderhände aus dem 3D-Drucker
Aus Puls vom 30.04.2018.
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Tauglich für Spielplatz & Co. Kinderhände aus dem 3D-Drucker

Schweizer Forschende haben eine modulare Prothese entwickelt, die einfach herzustellen, robust und bezahlbar ist.

Hightech ist nicht immer das Gelbe vom Ei. Das widerspricht zwar der heutigen Grundhaltung, aber es gibt tatsächlich Bereiche, wo einfache, robuste Mechanik ein Bedürfnis besser abdeckt als komplizierte, hochsensible Technik. Ein Beispiel: Handprothesen für Kinder.

Während sich die Forschung bei der Entwicklung von Handprothesen für Erwachsene auf Hightech konzentriert und den Fokus auf eine immer bessere Feinmotorik legt, haben Kinder ganz andere Ansprüche:

  • Eine Prothesenhand für Kinder muss robust sein, damit sie die Abenteuer auf und neben dem Spielplatz übersteht.
  • Sie darf nicht kompliziert oder störungsanfällig sein, sonst fällt sie schnell in Ungnade.
  • Sie muss günstig sein. Welche Eltern können schon alle paar Jahre Zehntausende von Franken für eine Prothese ausgeben, aus der das Kind gleich wieder rauswächst?

Ein Schaft für viele Hände

Forschende der ZHAW haben in Zusammenarbeit mit dem Arzt Andreas Trojan einen Weg gefunden, eine Prothese zu entwickeln, die diese Anforderungen erfüllt.

Die kostengünstige, robuste Produktionslösung für Kinderhände heisst: 3D-Drucker. Und weil eine einzige Prothese kaum alle Bedürfnisse eines Kinderalltags erfüllt, gibt es gleich mehrere Prothesenhände, die sich je nach Aktivität auf den Prothesenschaft aufstecken lassen.

Neben einer Alltagsprothese gibt es eine Hand zum Velofahren, eine fürs Tennisspielen, eine zum Schwimmen und eine fürs Skifahren.

Gerade Sport und Freizeitaktivitäten sind wichtig für Kinder. Sie können so mithalten in der Spielgruppe, in der Schule oder am Sonntag beim Ausflug mit der Familie.

Ohne Besuch beim Spezialisten

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Noch sind die vom Wyss Institut in Zürich produzierten 3D-Prothesen nicht ab Stange erhältlich. Künftig sollen aber verschiedene Grundgrössen wie bei Kleidern angeboten werden, die dann dank Schraubsystem wie bei einem Skischuh genau an den Stumpf des Kindes angepasst werden können.

Auch soll so eine Prothesen-Kit künftig per Post bestellt und ganz allein von den Eltern zusammengesetzt werden können. Der Besuch beim Spezialisten zum Anpassen der Prothese soll so wegfallen.

Eine Familie war es denn auch, die die Forscher der ZHAW dazu animierte, sich Gedanken über Prothesen für Kinder zu machen – und zwar die Familie von Andreas Trojan. Zum einen wollte die 12-jährige Tochter besser mithalten können bei den Ausflügen und Aktivitäten der Familie.

Zum anderen beobachtete Andreas Trojan, selbst Arzt, eine zunehmende Überbelastung der vorhandenen Hand seiner Tochter und eine Fehlbelastung vor allem des Rückens. Verursacht wurde die durch die stets schiefe Haltung, in die jemand ohne Hand automatisch kommt, wenn die vorhandene Hand mit dem Stumpf am anderen Arm unterstützt wird.

Frühes Angewöhnen lohnt sich

Tatsächlich leiden Menschen mit nur einer Hand oft unter diesen Fehl- und Überbelastungen. Was sich im Alter verheerend auf den Alltag auswirken kann: Fällt die vorhandene Hand wegen chronischer Schmerzen oder Arthrose aus, ist der Betroffene vollkommen auf Hilfe von aussen angewiesen.

Für viele Menschen mit nur einer Hand eine angstvolle Vorstellung, zumal die meisten ein Leben lang gut unabhängig zurechtkommen, auch ganz ohne Prothese.

Umso wichtiger, dass Kinder früh lernen, eine Prothese zu akzeptieren. Denn entgegen aller Vorstellungen fällt das Hantieren ohne Hand viel einfacher als mit einer Prothese. Je früher sich ein Kind an das Tragen einer Prothese gewöhnt, desto eher wird es auch später eine benutzen und damit Fehl- und Überbelastungen vorbeugen.

Die Prothesen aus dem 3D-Drucker machen den Kindern also nicht nur Spass, sie sind ein wichtiges Hilfsmittel zur Erhaltung ihrer Selbständigkeit auch im Alter.

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