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Nicht erst seit gestern «hip»: C.G. Jung, Hermann Hesse und Yoga

Yoga ist heute aus keinem Fitnesscenter-Kursprogramm mehr wegzudenken. Yoga-Studios schiessen wie Pilze aus dem Boden und der Kreation neuer Yoga-Richtungen scheinen keine Grenzen gesetzt. Doch wie gelangte Yoga von Indien in die Schweiz? Der Schweizer Psychoanalytiker C.G. Jung war daran beteiligt.

Eine zentrale Rolle bei der Verbreitung des Yoga im Westen spielte Swami Vivekananda (1863-1902), jener indische Mönch und Gelehrte, der 1893 als erster Hindu vor dem Weltparlament der Religionen in Chicago sprach. In seinen Vorträgen vereinfachte er die komplexen Yoga-Lehren soweit, bis sie auch einem breiten westlich geprägten Publikum verständlich waren. Dabei stellte er gerne das spirituelle Indien einem technologisch zwar fortschrittlichen, aber dem Konsum- und Konkurrenzdenken verfallenen Westen gegenüber.

C.G. Jung und Dr. Bircher

Insbesondere bei westlichen Intellektuellen fiel Vivekanandas Missionstätigkeit auf fruchtbaren Boden. So zum Beispiel beim berühmten Schweizer Psychoanalytiker C.G. Jung, der nach eigenen Angaben während des Ersten Weltkriegs Yoga praktizierte, um seine überbordenden Emotionen in den Griff zu bekommen. Obwohl Jung sich nicht sicher war, dass diese indische Lehre und Praxis mit der westlichen Kultur in Einklang zu bringen sei, thematisierte er in seinen Zürcher Vorlesungen und Seminaren immer wieder Yoga.

Auch der Schweizer Arzt und Naturheilpraktiker Max Oskar Bircher, der dem «Birchermüsli» den Namen gab, interessierte sich früh für östliche Heilslehren und Yoga. Das erste Schweizer Yogalehrbuch stammt aus der Feder seines Sohnes Willy Bircher.

Hermann Hesse und Romain Rolland

Ebenfalls wichtige Figuren sind in diesem Zusammenhang zwei Schriftsteller, die beide einige Jahre in der Schweiz lebten und sich intensiv mit Indien befassten: Romain Rolland und Hermann Hesse. Nach der Lektüre von Hesses «Siddhartha» interessierten sich schlagartig unzählige Westler für indische Philosophie und Kultur. Und auch Romain Rolland, der Biographien über den eingangs erwähnten Swami Vivekananda und dessen Guru Ramakrishna sowie auch über Mahatma Gandhi schrieb, nährte diese Sympathie des Westens für Indien.

Yogis auf dem Monte Verità

Was die Yogapraxis betrifft, so führen erste Anfänge auf den Monte Verità bei Ascona, wo sich ab 1900 Lebensreformer, Künstler und Anarchisten zusammenfanden. Unter ihnen auch Yogis. Grössere Verbreitung fand Yoga allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg. 1948 gründeten der Inder Selvarajan Yesudian und seine ungarische Partnerin Elisabeth Haich in Zürich die erste öffentliche Yoga-Schule in der Schweiz. In kurzer Zeit kamen weitere Schulen in Bern, Basel, Genf, Aarau und Luzern hinzu. Die Ausbildung für Yoga-Lehrpersonen wurde professionalisiert und es entstanden landesweite Verbände.

Massen- und Konsumphänomen

Inzwischen ist Yoga zum absoluten Massenphänomen geworden. Yoga gilt als «hip», gesund und leistungssteigernd. Und damit geht dessen grenzenlose Kommerzialisierung einher. Längst werden nicht mehr nur Yogamatten verkauft. Dazu gibt es Yoga-Kleider, -Decken und –Schals, -Zeitschriften, -Musik und –Videos. Ob diese Vermarktung im Sinne des ursprünglichen Yoga ist, sei dahin gestellt.

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