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Psychische Belastung bei Berufseinsteigenden
Aus Kultur kompakt vom 20.01.2016.
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Was Berufseinsteigern zu schaffen macht

Jeder fünfte Jugendliche erleidet in der Schweiz eine psychische Krankheit. Die 18- bis 35-Jährigen sind die grösste Gruppe der psychisch Erkrankten. Darum stehen Jugend und Berufseinstieg im Fokus des dritten Kampagnenjahres von «Psyche krank? Kein Tabu!».

Jeder fünfte Jugendliche erleidet in der Schweiz eine psychische Krankheit. Und fast die Hälfte aller psychisch Erkrankten in der Schweiz ist zwischen 18 und 35 Jahren alt. Ein Alter in dem Jugendliche eine Lehrstelle beginnen oder junge Erwachsene in den Berufsalltag einsteigen.

Auch Studienabgänger, die zum ersten Mal eine feste Arbeit antreten gehören dazu. Eine neue Kampagne des Kantons Zug widmet sich seit heute den psychischen Belastungen bei Berufseinsteigern. «Psyche Krank? Kein Tabu» heisst die Kampagne, die so viele Jugendliche wie möglich erreichen soll. Einer der Redner an der Medienkonferenz zum Kampagnenstart ist der Psychotherapeut André Dietziker. SRF-Redaktor Igor Basic hat mit ihm gesprochen.

SRF: André Dietziker, sie therapieren viele junge Berufseinsteiger in Ihrer Praxis. Was erzählen Ihnen diese jungen Menschen?

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Lic. phil. André Dietziker ist Fachpsychologe für Psychotherapie FSP und eidgenössisch anerkannter Psychotherapeut mit eigener Praxis in Zug.

André Dietziker: Die kommen mit sehr vielfältigen, typisch jugendlichen Themen zu mir. Die Berufseinsteiger haben ja ein Leben neben der Berufssituation, und die Themen sind oft Belastungen, die das ganze Leben betreffen. Zum Beispiel Probleme mit den Eltern, mit der Freizeit, im Freundeskreis, Peer-Gruppendruck etc. Sie stellen sich Fragen wie «Bin ich ein interessanter Mensch?» oder «Will man gerne mit mir sein?»

Das sind natürlich Themensituationen, die jeden Jugendlichen in diesem Alter belasten. Und wenn dann die Situation am Arbeitsplatz hinzukommt, in der man sich zurückgesetzt, überfodert oder benachteiligt fühlt, ergibt sich daraus eine Gesamtbelastungssituation, die ganz vielfältig begründet sein kann.

Was können denn die Arbeitgeber tun, um eine allfällige Überbelastung oder Erschöpfung bei den Jugendlichen oder jungen Erwachsenen früh genug zu erkennen?

Arbeitgeber müssen ein Bewusstsein dafür haben, dass es hinter der Fassade des Anstandes auch ein Leiden geben könnte.
Autor: André Dietziker

Das ist tatsächlich gar nicht so einfach zu erkennen, weil das Lebensalter der Pubertät, der Adoleszenz, ein sehr zwiespältiges ist. Die Erwachsenen werden diesen Jugendlichen oft etwas suspekt. Deshalb verdecken sie sehr viel Leiden, sprechen nicht darüber, wollen nicht, dass man etwas sieht, lachen, obwohl es ihnen zum Weinen ist.

Fokus Berufseinstieg

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Im dritten Jahr stehen die Jugend und der Berufseinstieg im Fokus der Präventions-Kampagne «Psyche krank? Kein Tabu!».

Auf der Website der Kampagne finden sich praxisbezogene Hilfestellungen für Arbeitgeber, Bildungsinstitute sowie Jugendliche und Berufseinsteiger in Unternehmen verschiedener Grösse.

www.kein-tabu.ch

In erster Linie muss der Arbeitgeber überhaupt ein Bewusstsein dafür haben, dass es hinter der Fassade des Anstandes auch ein Leiden geben könnte. Entscheiden ist deshalb, regelmässig das Gespräch zu suchen – und zwar über das Arbeiten, das tägliche Arbeitsfeld hinaus. Das können Fragen sein wie «Wie gefällt's Dir hier?», «Wie fühlst Du Dich?», «Kann ich irgend etwas für Dich tun, damit Du dich wohler fühlst?»

Gibt es Früherkennungsmerkmale anhand derer die Arbeitgeber das erkennen können?

Typische Zeichen sind sozialer Rückzug, Verstummen, eigenartige Müdigkeit und Konzentrationsmängel sowie Explosivität, Aggressivität und verminderte Belastbarkeit.

Was raten Sie jungen Berufseinsteigern, die mit ihrer Situation zu Hause und im Beruf überfordert sind?

Ich rate ihnen, sich Menschen zu suchen, zu denen sie Vertrauen haben, mit denen sie auch über das reden können, was eben nicht so gut läuft. Das kann jemand im Kollegenumfeld sein, vielleicht auch ein Lehrmeister, ein Coach an der Schule oder ein Trainer im Sport. Man sollte sich ohnehin vertrauenswürdige Bezugspersonen mit etwas Vorsprung in der Lebenserfahrung aufbauen.

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