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Sternstunde Religion Ahmad Milad Karimi

Einst kam Ahmad Milad Karimi als 13jähriger afghanischer Junge mit seiner Familie nach Deutschland. Heute ist er renommierter Professor am Zentrum für Islamische Theologie in Münster, Buchautor, Herausgeber, Koranübersetzer – und aktuell Moderator in der «Sternstunde Religion».

Was für eine Lebensgeschichte! Sie klingt ein bisschen wie ein Märchen, und irgendwie ist sie auch eines. Dass Karimi heute auf einem Lehrstuhl für Islamische Philosophie und Mystik sitzt, verdankt er seiner Zielstrebigkeit, einem unbändigen Wissensdurst und einigen Lehrpersonen in Deutschland, die den talentierten Jungen unterstützten.

Karimi war schon in jungen Jahren fasziniert von der Philosophie. Er arbeitete sich zur deutschen Sprache durch, überwand all die schulischen und bürokratischen Hürden und landete in einem Förderprogramm der «Studienstiftung des deutschen Volkes».

9/11 als Schlüsselerlebnis

Dann kamen die Anschläge vom 11. September 2001. Am selben Tag entschloss er sich, Islamwissenschaften zu studieren. Er, der schon als Kind eine tiefe Verbundenheit zum Islam entwickelte, wollte «ergründen, was es heisst, ein Muslim zu sein. Was heisst es, mit Leidenschaft religiös zu sein, ohne dabei das Gefühl zu haben, sektiererisch zu sein?», schreibt er in einem seiner Bücher.

Als Professor ist der wissenschaftliche Elfenbeinturm nicht Karimis Welt. Lieber sucht er nach den verborgenen Beziehungen zwischen Religion und Popkultur. «Osama bin Laden schläft bei den Fischen – Warum ich gerne Muslim bin und wieso Marlon Brando viel damit zu tun hat» – so heisst sein erstes Buch.

Auf raffinierte und berührende Art kombiniert er darin die Erfahrungen von Krieg, Flucht und Ausbildung in Deutschland mit seiner Leidenschaft für Mafiafilme und -serien.

Bitte kein Suren-Pingpong!

Wer dem Koranübersetzer Karimi heute zuhört, ist beeindruckt von seinem kreativen, spirituellen Zugang zu den heiligen Schriften. Von seiner Kunst, den Koran als offenes, vieldeutiges Werk zu vermitteln. Es bringe nichts, sagt er in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, einzelne Suren zu zitieren und diese gegeneinander auszuspielen – er nennt es «Suren-Pingpong».

Es gebe viele Lesarten und Kontexte des Korans, die wichtig seien und berücksichtigt werden müssten: etwa die historische oder die ästhetische Lesart. Es sei aber auch ein ethisches Werk und ein Werk der Spiritualität und Mystik.

Oft vergleicht er den Koran mit einer Oper. Karimi engagiert sich vehement für eine vertiefte, kenntnisreiche Diskussion über den Koran unter Musliminnen und Muslimen, ebenso wie für den interreligiösen Austausch.

Keine Lust aufs Missionieren

Sein Gespräch mit dem bekannten Benediktiner Anselm Grün erschien vor zwei Jahren mit dem Untertitel: «Wie sich Muslime und Christen begegnen können». In «Warum es Gott nicht gibt und er doch ist» wiederum setzt er sich mit Atheistinnen und Gottessuchern auseinander.

Für den Islam missionieren mag er jedoch nicht – es gebe schon genug Muslime, sagt er im besagten Interview. Es versteht sich von selbst, dass er mit engführenden Fundamentalismen nichts am Hut hat: «Wer mir sagen will, was Gott von mir will, vor dem muss man fliehen.»

Alle erwähnten Bücher sind bei Herder erschienen.

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