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Sexueller Missbrauch in religiösen Gemeinschaften
Aus WG der Religionen vom 13.12.2018.
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WG der Religionen Religiös begründete Bevormundung von Körper und Lust?

Die Einstellungen von Gläubigen zur Sexualität kann im Spannungsfeld von Geboten, Verboten und Emanzipation stark variieren, je nach Geschlecht, Status und religiöser Auslegung.

Sexualität ist für die meisten Menschen ein fester Teil ihres Lebens und ein wichtiges Bedürfnis. In allen Religionen ist sie ein heikles, kompliziertes Thema. Was in der Sexualität erlaubt ist und was nicht, kann je nach Religion, Geschlecht und religiösem Status einer Person unterschiedlich sein.

Glossar

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Androzentrismus: der gesellschaftliche und/oder religiöse Fokus auf den Mann, männliche Bedürfnisse und männlich bestimmte Weltanschauungen. Die Frau und weibliche Betrachtungen ebenso wie ungeschlechtliche oder mehrgeschlechtliche Facetten gelten als Abweichung von dieser Norm. Die meisten Religionen basieren auf androzentrischen Wertvorstellungen.

Verhütung: In den grossen religiösen Traditionen gilt einzig in der katholischen Lehre künstliche Verhütung als grundsätzlich problematisch, was viele Gläubige heute für unzeitgemäss halten. Der Islam erlaubt Verhütung, solange sie keine Unfruchtbarkeit zur Folge hat. Auch im Judentum ist Verhütung erlaubt, die Gesundheit der Frauen steht im Fokus.

Zölibat: die Verpflichtung von Bischöfen, Mönchen und Ordensfrauen, im römischen Katholizismus auch grundsätzlich von Priestern zur Ehelosigkeit. Die Ehelosigkeit und Keuschheit soll den Geistlichen eine ungeteilte Hingabe an den Dienst an Gott und den Menschen ermöglichen. Der Zölibat geht bis ins 4. Jahrhundert zurück, während des Mittelalters wird er weitgehend zur Pflicht. Die protestantischen Kirchen haben den Pflichtzölibat seit der Reformation abgeschafft, ausgenommen für besondere gemeinschaftliche Lebensformen.

LGBTQA: Akronym für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Queer und Asexuelle.

Norm und gelebte Praxis

Sexualität zur Fortpflanzung innerhalb der Ehe zwischen Mann und Frau wird in der Regel (wenn auch nicht immer ganz vorbehaltlos) befürwortet und gefördert. Sexualität ausserhalb der Ehe wird dagegen meist abgelehnt, so zum Beispiel von christlichen, jüdischen, islamischen und hinduistischen Traditionen.

Von der Norm lässt sich nicht auf die gelebte Praxis schliessen. In der Schweiz leben heute viele katholische Menschen in Partnerschaften ohne Ehebündnis und orientieren sich auch in Fragen der Verhütung nicht an der kirchlichen Lehre; die wenigsten unter ihnen bringt dies in einen religiösen Konflikt.

Anders, wenn Menschen, die sich zu einem zölibatären Leben verpflichtet haben, die Regeln übertreten: dann wird vieles verheimlicht und leiden meist alle Betroffenen.

Heftige Ablehnung von Homosexualität

Das Argument, Menschen seien für die heterosexuelle Ehe geschaffen, begründet in vielen Religionen bis heute eine heftige Ablehnung von Homosexualität. Explizite Verbote beziehen sich meist nur auf männliche Homosexualität; als Normalfall gelten heterosexuelle Männer. Weibliche oder homosexuelle Lust wird kaum berücksichtigt, oft gar abgelehnt.

Von Männern reguliert

Oft stammen die Regeln aus Zeiten und Gesellschaften, die Frauen einen klar niedrigeren Status als Männern einräumten. Wie der weibliche Körper auszusehen und sich zu verhalten habe, wird aber auch heute noch meist durch Männer bestimmt und reguliert.

Inwiefern Sexualität unabhängig von der Fortpflanzung aus reiner Lust ihre Berechtigung hat, ob Verhütung erlaubt oder zumindest akzeptiert ist und welche Verhütungsmittel verwendet werden dürfen, wird in den Religionen unterschiedlich beurteilt.

«WG der Religionen»

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Ein Christ, eine Muslimin, ein Jude, eine Buddhistin und ein Atheist erproben das interreligiöse Zusammenleben.

4 Folgen jeweils donnerstags. Ab 29.11.2018, 21:05 Uhr, SRF 1 und nach Ausstrahlung bei Play SRF.

Diskriminierung und persönliche Krisen

Wie die Religionszugehörigkeit eines Menschen kann auch die sexuelle Orientierung einen identitätsstiftenden Charakter besitzen. Kommt es zu Konflikten zwischen der religiösen Überzeugung und der sexuellen Orientierung und zu Diskriminierung durch die Gemeinschaft, kann dies zu persönlichen Krisen führen.

Auch in religiösen Gemeinschaften mehren sich aber die Stimmen, die gleichgeschlechtliche Partnerschaften und LGBTQA als Lebensrealität anerkennen. Umgekehrt kann gerade die Haltung zur Homosexualität darüber entscheiden, ob sich jemand als besonders fromm oder eher als religiös liberal versteht.

Das Begleitteam

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Begleitmaterialien zur Reihe «WG der Religionen» wurden von einem Team des Religionswissenschaftlichen Seminars der Universität Zürich erarbeitet:

  • Margherita Brodbeck Roth
  • Fabienne Iff
  • Nora Luisa Kaiser
  • David Kobelt
  • Alice Küng
  • Prof. Dorothea Lüddeckens
  • Jill Marxer
  • Prof. Dr. Christoph Uehlinger

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