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SAC-Hüttenwarte im Winter Leben und lieben auf 3238 Metern über Meer

Mitten im Schnee: Christina Stewart und Joel Perreten arbeiten in ihrer ersten Saison als Hüttenwarte der hochalpinen Hollandiahütte im Wallis.

«Hüttenwartin ist meine Berufung», sagt Christina Stewart. Und Joel Perreten ergänzt, es sei ein Privileg, hier oben arbeiten zu dürfen. Seit Ende Februar lebt das Paar zusammen mit Hündin Lynn auf 3238 Metern über Meer. Es ist ihre erste Saison als Hüttenwarte der Hollandiahütte.

Während des Telefongesprächs tobt draussen ein Schneesturm. Wieder einmal. Die Saison war wettermässig durchzogen. Zwar kamen laufend Reservationen herein, viele Berggängerinnen und Berggänger sagten wegen veränderter Wetterverhältnisse aber auch wieder ab. Das erfordert grosse Flexibilität.

Immer auf Abruf

Es sei ein Leben zwischen den Extremen, sagt Christina Stewart. Nicht nur wegen der rauen Bergwelt. Mal sei die Hütte voll und die Gäste schätzten ihre Arbeit. Dann sei man unvermittelt wieder allein, friere und könne nicht raus. 16 Stunden pro Tag sind sie präsent. Auch wenn gerade nichts los sei, sei es schwierig abzuschalten. «Auf einmal, aus dem Nichts, muss man zehn Rösti machen.»

Alle Routen zur Hütte führen über vergletschertes, hochalpines Gelände. Hier kommt man nicht eben schnell weg, wenn einem die Decke auf den Kopf fällt. Perreten und Stewart, die seit zwei Jahren ein Liebespaar sind, verbringen drei Monate lang Tag und Nacht zusammen. Die gemeinsame Arbeit hier oben habe sie zusammengeschweisst. Das Vertrauen sei gewachsen, die Beziehung auf eine neue Ebene gekommen.

Wir streiten nicht mehr, es braucht zu viel Energie.
Autor: Christina Stewart Hüttenwartin

Aber was, wenn man mal einen schlechten Tag hat? «Aussitzen», meint Perreten trocken. Man setze sich auch mal die Kopfhörer auf und ziehe sich in die eigene Bubble zurück, erzählt seine Partnerin. Oder gehe in einen anderen Raum. Aber meistens werde einem dann kalt und man komme schnell wieder zurück. Auf dieser Höhe hätten sie weniger Sauerstoff, jede Bewegung brauche doppelt so viel Energie. «Wir streiten nicht mehr, es braucht zu viel Energie», ergänzt sie lachend.

Die Energie brauchen sie für die Arbeit. Der gelernte Zimmermann Perreten kümmert sich vor allem um die Infrastruktur, schaufelt Schnee, bereitet die Betten vor. Bis zu 84 Schlafplätze stehen bereit. Er organisiert auch die Helikopterflüge, die einmal pro Woche die notwendigen Lebensmittel bringen und den Abfall abholen. Stewart, die das Wirtepatent besitzt, ist vor allem für die Bewirtung der Gäste zuständig. Sie arbeitet seit zehn Jahren auf verschiedenen anderen Berghütten. Zudem packen eine junge Hüttenhelferin und ein Hüttenhelfer mit an.

Wasser und Strom sind Luxus

Zu schaffen macht den beiden, wenn Gäste kein Verständnis für die Lebensrealität auf dieser Höhe haben. «Manche Gäste verstehen nicht, dass wir keinen Strom für ihre Handys haben.» Der Solarstrom sei knapp, sie brauchen ihn zum Beispiel für die beiden Gefrierschränke.

Auch Wasser ist ein Luxusgut. Täglich schmelzen sie auf dem Holzherd Schnee – für den Abwasch, aber auch für Kaffee und Tee. Manche verstünden nicht, dass sie ihre Hände draussen im Schnee säubern müssten. «Oder dass wir zum Dosenbier kein Glas servieren», ergänzt Perreten.

Ein Baum zum Schnüffeln

Ende Mai geht die Wintersaison zu Ende, dann reisen sie zurück ins Tal. Worauf sich die beiden am meisten freuen? Lange müssen sie nicht überlegen: «Auf eine warme Dusche», sind sie sich einig. Und Hündin Lynn freue sich wohl, dass sie mal wieder an einem Baum schnüffeln könne. «Für sie wird das bestimmt auch ein Schock, unten im Tal», lacht Christina Stewart.

«SRF bi de Lüt – Winterhüttengeschichten»

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  • Die Sendung zeigt das Leben von Hüttenwartinnen und Hüttenwarten in drei Berghütten während des Winters.
  • Mit dabei sind neben der Hollandiahütte die Suppenalp im Berner Oberland und die Es-cha-Hütte in Graubünden.
  • Ausstrahlung: Ab Freitag, 14. April 2023, 20:05 Uhr, SRF 1 oder bei Play SRF .

     

SRF bi de Lüüt, 14.04.2023, 20:05 Uhr

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