«Mein Job ist mein Leben», sagt Lauren Isabel mit 29 Jahren. Sie ist Art Directorin, Stylistin, Producerin, Event- und Communitymanagerin – alles selbstständig, alles gleichzeitig.
Lauren postet auf Social Media meist die schönen Momente – doch hinter den Bildern steckt ein intensiver Alltag voller Organisation, Verantwortung und Druck. In der Modebranche zu arbeiten, sei alles andere als glamourös: «Du bist auf deinen Knien, putzt jemandem die Schuhe, dein Rücken ist kaputt und bist die Erste und die Letzte am Set.»
Vom Marketing-Job zur Selbstständigkeit
Als Lauren Isabel beginnt, für ein Sneaker- und Streetwear-Unternehmen zu arbeiten, merkt sie schnell, wie viel Leidenschaft sie in die Projekte steckt. «Ich habe realisiert, dass ich die Art von Person bin, die 24/7 erreichbar ist und bereit ist, alles zu geben», sagt sie. Doch irgendwann fragt sie sich, warum sie all diese Energie für eine andere Firma aufwendet. «Wenn ich das für jemand anderes machen kann, kann ich es auch für mich selbst tun.»
Aus einem Impuls heraus kündigt sie und wagt den Sprung in die Selbstständigkeit – «ich habe einfach gehofft, dass ich genug verdiene, um die Miete zu bezahlen».
Glück und Überforderung im ersten Jahr
Das erste Jahr läuft besser, als sie je gedacht hätte. «Ich war vielleicht naiv oder hatte einfach Glück», sagt sie. Die Aufträge kommen, das Netzwerk wächst, die Anerkennung steigt.
Lauren dokumentiert ihre Arbeit auf Social Media – und nutzt die Plattformen gezielt zur Selbstvermarktung. Als Stylistin positioniert sie sich erfolgreich in der Mode-Szene und gewinnt Kooperationen mit Marken wie Zalando und Samsonite. 2024 übernimmt sie das Styling von Nemo für den Auftakt des Eurovision Song Contest, ein Jahr später Nemos Styling am Swiss Music Award.
Sie jongliert Projekte, Kunden und Deadlines – und merkt, dass sie selten wirklich abschalten kann. «Wenn man selbstständig ist, checkt man, dass man immer am Arbeiten sein könnte.»
Zwischen Liebe zum Job und Erschöpfung
Lauren liebt, was sie tut – vielleicht zu sehr. Das permanente Tun fordert ihren Körper und Geist. «Ich jage das nächste High, den nächsten Erfolg», sagt sie.
Die Mode- und Kreativbranche lebt von der «Hustle Mentality» – etwas, das sie selbst lange mitgetragen hat. «Ich bin auch Teil des Problems. Man ist stolz darauf, überarbeitet zu sein. Es ist toxisch und nicht nachhaltig.»
Lernen, Grenzen zu setzen
Der Preis für den Dauerantrieb ist hoch: «Es hat sich so angefühlt, als würde ich ertrinken.» Erst als sie merkt, dass sie so nicht weitermachen kann, beginnt sie, umzudenken. «Ich musste mir eingestehen, dass es kein Zeichen von Stärke ist, immer den Job an erste Stelle zu setzen. Sondern eine Warnung.»
Heute schaltet sie ihr Handy abends auf Flugmodus, schläft mehr, isst regelmässiger, treibt Sport. «Ich muss das als Teil meines Jobs ansehen. Ich schulde es mir selbst, etwas zu essen, damit mein Kopf funktioniert.»
Auf Social Media teilt sie offen ihre Erfahrungen – auch die Schattenseiten. «Ich will zeigen, dass Struggling nicht gleich Scheitern bedeutet.» Mit ihrer Offenheit hofft sie, anderen Selbstständigen Mut zu machen.
Was Lauren heute weiss: Es gibt kein richtig oder falsch in der Selbstständigkeit. Für sie bedeutet das, Balance immer wieder neu zu definieren. «Es gibt nicht die perfekte Formel. Aber ich habe gelernt, dass Grenzen nichts mit Schwäche zu tun haben – sie machen dich besser in dem, was du tust.»