Läuft alles einigermassen nach Papierform, sorgt die Schweiz am Sonntagabend kaum für ungarischen Punktezuwachs. Zum 4. Mal nehmen die Magyaren in diesem Jahrtausend an einer WM teil, dabei lautete das Ziel: erstmaliger Klassenerhalt. Nach dem Sieg über Kasachstan stehen die Chancen darauf gar nicht schlecht (die schlechtesten 2 WM-Teams insgesamt steigen ab).
Sollte nun tatsächlich die Schweiz den ungarischen Träumen einen temporären Dämpfer versetzen, wäre das für einen Akteur besonders bittere Ironie: Tamas Ortenszky lebt seit 2017 in der Schweiz und steht bei Winterthur unter Vertrag. Er gehört zu den positiven Erscheinungen der Ungarn. Mit 3 Assists ist der Verteidiger zweitbester Skorer seines Teams. Trotz ordentlich Eiszeit kommt Ortenszky bislang auf eine ausgeglichene Bilanz. Bei einem Torverhältnis von 8:28 nicht selbstverständlich.
Und jetzt also ausgerechnet die Wahlheimat als Gegner. In fliessendem Schweizerdeutsch erzählt der 23-Jährige: «Ich habe mittlerweile schon einen Schweizer Teil in mir. Aber mein Herz ist ungarisch.» Es ist 8 Jahre her, dass Ortenszky mit nur 15 Jahren alleine nach Biel kam, ohne Deutsch oder Französisch zu beherrschen. Die Aussicht, Eishockey-Profi zu werden, zog ihn ins Seeland.
Ortenszky biss sich durch, liess sich von Mitspielern eine KV-Stelle organisieren. Unterdessen studiert der Mann aus Budapest Datenwissenschaften. Abseits des Eises den Kopf zu beschäftigten, sei ihm wichtig. Seit letzter Saison spielt er nach Stationen im Tessin und Wallis in der Swiss League für Winterthur.
Ortenszkys Ziel: die National League
Am Sonntagabend will Ortenszky zumindest Werbung in eigener Sache machen. Einerseits weil seine ehemalige Gastfamilie, in welcher er in seinen ersten beiden Jahren in der Schweiz Unterschlupf fand, nach Herning reist. Andererseits wird auch der eine oder andere Sportchef aus der National League zuschauen.
In der höchsten Schweizer Liga sieht sich Ortenszky mittelfristig. Denkbar, dass also im Gruppenspiel gegen sein zweites Zuhause das Fenster zum Klassenerhalt nicht weiter aufgeht, sich langfristig aber eine Tür öffnet.