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WM Sean Simpson: Eine von Silber überstrahlte Bilanz

Sean Simpson hat am Dienstag in Minsk sein letztes Spiel als Schweizer Nationaltrainer gecoacht. An seinem 6. grossen Turnier hat er mit seiner Mannschaft zum 4. Mal den Viertelfinal verpasst. Trotzdem wird er als erfolgreichster Nationaltrainer in Erinnerung bleiben.

Die Ära Sean Simpson in Bildern

Die letzten vier Jahre unter Nationaltrainer Sean Simpson waren eine Berg- und Talfahrt. Nur zweimal schaffte der Kanadier, der seine ganze Trainerkarriere lang nie in Kanada als Coach tätig war, den Einzug in den WM-Viertelfinal. 2010 in Mannheim und im letzten Jahr in Stockholm, als er mit der Nationalmannschaft und dem Gewinn der Silbermedaille den grössten Erfolg seit 60 Jahren feiern konnte. Mit dieser Medaille hat sich Simpson für das Schweizer Eishockey unsterblich gemacht.

Dabei wird oft vergessen, dass der Trainer ein Jahr vor dem Gewinn der Silbermedaille wegen dem schlechten Abschneiden an der WM in Helsinki (Rang 11) kurz vor der Entlassung stand. Nur die angespannte finanzielle Situation des Verbandes - Simpsons Lohn hätte wegen des laufenden Vertrages bis heute bezahlt werden müssen - und die Fürsprache von Swiss-Icehockey-Sportdirektor Ueli Schwarz hielten ihn im Amt.

So nahe lagen Erfolg und Misserfolg - nicht nur in der Tabelle - für den erfolgreichsten Trainer des Schweizer Eishockeys beieinander.

Erfrischende Premiere

Simpsons erster Auftritt als Nationalcoach war erfrischend. An der WM 2010 in Mannheim überraschte er alle. Er hat seinen Vorgänger Ralph Krüger nie kopiert, im Gegenteil, Simpson liess von Anfang an viel mutiger, frecher, offensiver spielen als Krüger. Die Fans und Experten staunten Bauklötze. Bei seiner ersten WM zeigte der 54-jährige Kanadier eine seiner grössten Stärken. Er adaptierte das System an die Fähigkeiten seiner Spieler. Damit war er bereits mit den ZSC Lions beim Gewinn der Champions Hockey League und in Zug als Meistertrainer erfolgreich gewesen.

Seine Philosophie «Lasst das System für uns spielen» ging zu Beginn voll auf. Die selbstbewusste Spielweise zog er vier Jahre durch. So attraktiv diese Spielweise ist, so gefährlich ist sie auch. Wenn die Balance zwischen Offensive und Defensive nicht stimmt, die Spieler - warum auch immer - das Spielsystem verlassen, passieren zu viele Fehler. Statt nach vorne muss sich die Schweiz in der Rangliste dann plötzlich nach hinten orientieren. Und das passierte in den letzten vier Jahren mehr als erhofft. Zu oft, sagen Simpsons Kritiker zu Recht.

Wenn der Plan nicht aufgeht

An den Olympischen Spielen in Sotschi, an der WM in Kosice (2011), Helsinki 2012 und jetzt in Minsk blieben die Schweizer mit Trainer Simpson klar unter den Erwartungen. Viermal wurde der Viertelfinal zum Teil klar verpasst.

Damit hatte Simpson Mühe. Sein Plan ging viermal nicht auf. Er ist einer, der nicht verlieren kann, nach Niederlagen grantig und launisch ist, vieles persönlich nimmt und mit Kritik nicht immer gut umgehen kann. Das spürten jeweils alle, die nach einem verlorenen Spiel mit ihm zu tun hatten. Diese Schwäche war aber auch eine Stärke von ihm. Simpson war nach Niederlagen und in der Erfolglosigkeit ein unangenehmer Mensch, er war aber immer authentisch und spielte niemandem etwas vor.

Das «Näschen» für die besonderen Spieler

Zu Simpsons Stärken gehörte in den letzten vier Jahren auch sein «Näschen» für Talente. Bei seiner ersten WM nahm er überraschend den damals 17-jährigen Nino Niederreiter ins WM-Team. Hier in Minsk setzte er den ebenfalls 17-jährigen Kevin Fiala ein. Simpsons Gespür für Talente hat in den letzten vier Jahren vielen Schweizer Spielern zu WM-Einsätzen und einem Karrieresprung verholfen.

Spieler, die vor den Weltmeisterschaften kaum jemand auf der Rechnung gehabt hatte, fielen positiv auf. Egal, ob sie Simon Moser, Kevin Lötscher, Reto Suri, Daniel Rubin, Matthias Bieber, Denis Hollenstein, Dean Kukan, Thomas Rüfenacht oder Etienne Froidevaux, Niederreiter oder Fiala hiessen, alle konnten unter Simpson immer eine tragende Rolle in der jeweiligen WM-Mannschaft übernehmen. Vor allem, weil der Trainer ihnen immer die Rolle gab, für die er sie vorher ausgesucht hatte.

Die Messlatte liegt hoch

Unter Simpson war in den letzten vier Jahren nicht immer alles Silber, was glänzte. Aber mit der Silbermedaille von Stockholm hat sich Simpson trotz Misserfolgen in die Schweizer Eishockey-Geschichtsbücher eingetragen und die Latte für seinen Nachfolger sehr hoch gelegt. Simpson geht nun als Klubtrainer nach Russland (Jaroslawl), doch seine Medaille bleibt in der Schweiz.

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