Am 26. Mai 1993 wird in München erstmals ein Sieger in der Champions League gekürt. Denn zuvor hiess der wichtigste kontinentale Klubwettbewerb noch «Europapokal der Landesmeister». Die Premiere unter neuem Namen entscheidet Marseille gegen Milan für sich.
Bolis Kopfball genügt
Den einzigen Treffer einer kampfbetonten Partie, in der die Mailänder das bessere Team sind, erzielt bezeichnenderweise ein Verteidiger: Basile Boli köpfelt in der 43. Minute zum 1:0 ein. Der Triumph von Rudi Völler und Co. ist überraschend, stehen doch auf der anderen Seite die italienischen Abwehrrecken Franco Baresi und Paolo Maldini sowie die «Oranje»-Stars Marco van Basten und Frank Rijkaard auf dem Feld.
Doch wenig später erhält die grenzenlose Freude bei «OM» einen herben Dämpfer: Der umstrittene Klubpräsident Bernard Tapie hat nachweislich die Spieler des US Valenciennes bestochen, um vorzeitig die französische Meisterschaft unter Dach und Fach zu bringen und sein Team für den CL-Final zu schonen. Die Strafe ist hart: Zwar darf Marseille den CL-Titel behalten, die französische Meisterschaft hingegen nicht. Dazu kommt der Zwangsabstieg.
Wurde auch gedopt?
Auch weitere Vorwürfe in der Königsklassen-Kampagne der Franzosen werden laut: Das 6:0 über ZSKA Moskau soll ebenfalls nicht auf saubere Art und Weise zustande gekommen sein. Auch von Dopingspritzen vor dem Final ist die Rede. Tapie, der auch in Wirtschaftskreisen einen zweifelhaften Ruf geniesst, wird gesperrt, zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt und muss Insolvenz anmelden.
Übrigens sitzt an jenem 26. Mai 1993 in derselben Loge wie Tapie Milans Klubpräsident. Und dieser ist eine ähnlich umstrittene Figur. Sein Name: Silvio Berlusconi. Aber das ist eine andere Geschichte ...