Die beiden Finalisten, die sich am 25. Juni 1978 in Buenos Aires gegenüberstanden, befanden sich jeweils am Rande einer Epoche. Bei den Argentiniern hatte die grosse Zeit von Diego Armando Maradona noch nicht begonnen, er war von Cesar Luis Menotti nicht aufgeboten worden. Bei den Niederländern hatte Johan Cruyff kurz vor der WM seinen Rücktritt aus der «Elftal» erklärt, gerüchteweise hatte er keine Lust auf Fussball in der argentinischen Militärdiktatur.
Mario Kempes, der Superstar
So wurde Argentiniens Stürmer Mario Kempes zum Held des Finals, zum Torschützenkönig und zum Superstar des gesamten Turniers. Der Stürmer des FC Valencia brachte sein Team vor 71'000 Zuschauern im River-Plate-Stadion in der 38. Minute in Führung.
Nachdem der eingewechselte Dick Nanninga für «Oranje» in der 82. Minute per Kopf ausgeglichen hatte, war es erneut Kempes, der in der Verlängerung für die Entscheidung sorgte. Zunächst traf er nach 105 Minuten zum 2:1, danach bereite er das 3:1 durch Daniel Bertoni vor (118.). Die Niederländer vergaben ihren bis heute ersehnten ersten WM-Titel mit einem Pfostenschuss von Rob Rensenbrink in der 90. Minute.
Eine WM mit vielen Geschichten
Der Final schrieb aber nicht nur auf dem Rasen seine Geschichten und war der würdige Abschluss einer episodenreichen WM, bei der es unter anderem das «Wunder von Cordoba» oder den dubiosen 6:0-Sieg Argentiniens über Peru gab. Erst am Tag vor dem Endspiel konnte man sich nach sechsstündiger Diskussion auf den Schiedsrichter einigen, nachdem die Argentinier den Israeli Abraham Klein abgelehnt hatten. Dieser hatte als Flüchtling während des Zweiten Weltkriegs für einige Monate in den Niederlanden gelebt.
Entnervte Niederländer
Schliesslich pfiff der Italiener Sergio Gonella, der kaum als Freund der Niederlande in die Geschichtsbücher eingehen wird. Bereits der Anpiff konnte erst mit 10-minütiger Verspätung erfolgen, da sich Argentinien an einer Handmanschette von René van der Kerkhof störte.
Bereits auf dem Weg ins Stadion war die Gastmannschaft schikaniert worden. Der Bus wurde auf eine Irrfahrt durch ein Problemviertel geschickt. «Die Leute schlugen gegen den Bus und hatten brennende Holzstücke in den Händen», berichtete Ernie Brandts, damals 22 Jahre alter Abwehrspieler. Auch nach dem Spiel sollte der Bus den Attacken der argentinischen Fans schutzlos ausgeliefert sein.
Eingeschüchtert und entnervt
Am Ende waren die Niederländer eingeschüchtert und entnervt und verloren zum zweiten Mal in Folge den Final gegen den WM-Gastgeber. Dem anschliessenden Final-Bankett blieben die Gäste fern, nicht zuletzt deswegen, weil die Sicherheit der niederländischen Delegation auf dem Weg zu den Festlichkeiten nicht mehr gewährleistet werden konnte. Die von Beginn weg kritisch beäugte WM der argentinischen Junta endete mit einem Misston.
Sendebezug: SRF zwei, FIFA WM live, 05.07.14, 17:25/21:30 Uhr