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Gazzetta-Journalist Cerruti «Das reicht nicht, um Italien zu den EM-Favoriten zu zählen»

Alberto Cerruti, Journalist bei der «Gazzetta dello Sport», beleuchtet den Schweizer Nati-Gegner Italien um Erfolgscoach Roberto Mancini.

Fussballer.
Legende: Kann Italien Grossanlass? Italien ist unter Roberto Mancini zwar äusserst erfolgreich – aber genügen diese Leistungen auch an Titelkämpfen? Keystone

Die Zahlen sprechen für Italien-Trainer Roberto Mancini: Seine Mannschaft ist seit 24 Spielen ungeschlagen (19 Siege, 5 Unentschieden). Damit steht er vor historischen Rekorden: Mancini fehlt noch eine Partie ohne Niederlage, um Marcelo Lippis Rekord zu egalisieren – für den Rekord von Vittorio Pozzo benötigt er noch deren 6. Der Unterschied: Lippi und Pozzo gelangen die Serien rund um ihre Weltmeistertitel.

Offensiv-Power unter Mancini

Mancinis Team hat zwar 66 Tore in 29 Partien erzielt, doch keines davon an einem Grossanlass. Der Sieg gegen Bulgarien in Sofia am vergangenen Sonntag bestätigte, dass Italien schwächere Gegner schlagen kann, allerdings fehlt ihnen die Leichtigkeit.

Mancini hat viel rotiert. Vielleicht auch zu viel.

Die Schweiz hat im gleichen Stadion 3 Tore in 12 Minuten erzielt. Erst gegen Ende der ersten Halbzeit, in der Italien keinen Torschuss abgegeben hatte, gingen die Italiener durch einen grosszügigen Elfmeter in Führung. Manuel Locatelli erhöhte in der Schlussphase auf 2:0 und ist damit der 30. Torschütze unter Mancinis Führung. Das sind zwar eindrückliche Zahlen. Sie reichen aber nicht aus, um Italien zu den Favoriten der EM zu zählen.

Über Alberto Cerruti

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Alberto Cerruti ist 1952 in Mailand geboren und seit über 47 Jahren als Journalist bei der Gazzetta dello Sport tätig. 31 Jahre lang begleitete er die italienische Fussball-Nationalmannschaft und war an 8 Welt- sowie 7 Europameisterschaften dabei. Cerruti lebt seit 2014 in Lugano und arbeitet auch mit RSI zusammen.

Die einzige Konstante in Mancinis Team ist die taktische Aufstellung. Nur einmal wechselte er vom 4-3-3 auf 4-2-4, verlor die Nations-League-Partie (am 10. September 2018) gegen Portugal aber mit 0:1. Die 2.Niederlage gegen Frankreich zeigte, dass Italien gegen grosse Kaliber noch immer Mühe hat.

72 Spieler unter Mancini – davon 32 Debütanten

Aus diesem Grund kann Italien erst an der EM richtig eingeschätzt werden. Dann nämlich, wenn neben der Aufstellung auch die Stammkräfte bekannt sind. Bisher hat Mancini viel rotiert. Vielleicht auch zu viel. In seiner Amtszeit bot er nicht weniger als 72 Spieler auf, davon 32 Debütanten.

Schlüsselspieler Toloi

Unter ihnen auch Moise Kean (der wie Alessandro Florenzi und Marco Verratti bei PSG spielt) und der talentierte Nicolo Zaniolo, der es aber nach seiner schweren Knieverletzung kaum rechtzeitig zur EM schafft . Neben Emerson von Chelsea und Vincenzo Grifo vom SC Freiburg ist auch Rafael Toloi neu dabei. Der Brasilianer mit italienischer Staatsbürgerschaft ist einer der Schlüsselspieler in Mancinis Mannschaft.

Belotti wird Immobile den Stammplatz streitig machen.

Neben ihm gesetzt sind: Gianluigi Donnarumma im Tor, Leonardo Bonucci und Giorgio Chiellini in der Verteidigung (auch wenn sie wegen ihres Alters verletzungsanfällig sind) sowie Nicolo Barella im Mittelfeld und Leonardo Spinazzola mit Lorenzo Insigne auf der linken Seite.

Die anderen Positionen sind noch nicht fix besetzt. Die grösste Unsicherheit betrifft den Sturm: Dort nämlich wird Andrea Belotti Ciro Immobile den Stammplatz streitig machen. Aber auch sonst wird um einen Platz im Kader gerungen. Denn Siege gegen Nordirland und Bulgarien reichen nicht aus, um die Gewissheit zu haben, dass Italien eine gute EM spielen wird.

SRF zwei, sportlive, 28.03.2021, 20:20 Uhr ; 

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