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Vor Frankreich - Türkei Eine politische Botschaft als Brandbeschleuniger

Das EM-Quali-Spiel zwischen den Spitzenreitern Frankreich und Türkei hätte auch ohne das politische Statement reichlich Zündstoff beinhaltet.

Weltmeister-Trainer Didier Deschamps spricht von einem «grossen Spiel, das uns am Montag erwartet». Sein Frankreich empfängt im Stadion in Saint-Denis die Türkei. Die beiden Nationen marschieren in der Ausscheidung zur EM-Endrunde 2020 an der Spitze der Gruppe H im Gleichschritt.

Nach je 8 Partien halten sie bei 18 Punkten. Der Sieger könnte das Ticket für die EURO bereits lösen – «L'Equipe tricolore» in jedem Fall und die Türkei bei einem Punktverlust Islands im Parallelspiel. Je nach Ausgang der anderen Partien (Island - Andorra bzw. Moldawien - Albanien) sind nicht einmal 3 Punkte nötig, um die Qualifikation in trockene Tücher zu bringen.

Ein geschmackloser Jubel

«Les Bleus» sind gegen die Elf von Senol Günes angestachelt, die Scharte aus dem Hinspiel auszuwetzen. Auswärts verbuchten sie im Juni über die vollen 90 Minuten keinen einzigen Torabschluss und unterlagen 0:2. Es war dies die erste Pleite im 5. Direktvergleich – nach zuvor 4 Siegen und einem souveränen Torverhältnis von 12:2.

Geradezu mit wallendem Blut geht der EM-Halbfinalist von 2008 in die Begegnung. Ohnehin für ihr Temperament und Nationalstolz bekannt, brachte das Last-Minute-1:0 gegen Albanien am vergangenen Freitag infolge einer unüberlegten Aktion die Emotionen zusätzlich zum Kochen.

Beim Jubel zum Siegtreffer überschritten die Spieler die Grenze, die den Sport von der Politik trennen sollte. Sie grüssten die türkischen Streitkräfte in Nordsyrien mit militärischen Gesten und widmeten ihnen sogar den Erfolg.

Die türkischen Fussballer greifen mit der rechten Hand an die Stirn.
Legende: Sie salutierten ihren Streitkräften Die türkischen Fussballer bringen sich ins Abseits. Getty Images

Der Fussballverband lieferte folgende Erklärung nach: «Die Fussballer haben dieses Tor den Soldaten geschenkt, die in der ‹Operation Friedensquelle› dienen.» Der türkische Militäreinsatz hatte am Mittwoch begonnen und wurde international scharf kritisiert.

Frankreichs Aussenminister mit Boykott

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Als Reaktion auf die türkische Militäroffensive in Nordsyrien wird der französische Aussenminister Jean-Yves Le Drian die Partie am Montagabend in Saint-Denis nicht wie zunächst geplant besuchen. Dies berichtet die Nachrichtenagentur AFP am Montagmittag. Am Sonntag hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Militäroffensive der Türkei scharf kritisiert. Diese schaffe eine «unhaltbare humanitäre Situation», sagte er. Zudem war es in Paris in den vergangenen Tagen wiederholt zu Protesten gekommen.

Uefa leitet Verfahren ein

Mit einem Nachspiel ist zu rechnen, ein entsprechendes Verfahren ist eingeleitet. Gegenüber der italienischen Nachrichtenagentur ANSA sagte der Uefa-Pressechef Philip Townsend schon einmal: «Ich habe die Geste, die zweifellos als Provokation gedeutet werden kann, nicht gesehen. Politische Äusserungen sind in den Regularien aber verboten. Deshalb werden wir dem Verdacht definitiv nachgehen.»

Nach dpa -Informationen tagt die zuständige Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkammer der Uefa am Donnerstag. Ob dann schon eine Entscheidung über mögliche Sanktionen fallen wird, ist fraglich. Zunächst werden Stellungnahmen von den Beteiligten eingeholt.

Resultate EM-Qualifikation

Sendebezug: SRF 1, «sport aktuell», 12.10.2019 23:45 Uhr

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