Die Reaktionen, die dem Balljungen seine 15 Minuten Ruhm sicherten, schwankten überwiegend zwischen verständnisvoll und belustigt. Der Jugendliche hatte in der Johan Cruyff Arena Romas Riccardo Calafiori auf seine Weise für dessen dreiste Zeitverzögerung bestraft – und in bester Völkerballmanier abgeschossen.
Calafiori verzichtete nach kurzem Innehalten darauf, sich theatralisch fallen zu lassen. Er und seine Roma brachten das 2:1 im Viertelfinal-Hinspiel der Europa League gegen Ajax dennoch über die Zeit.
Der 18-jährige Calafiori erklärte nach der Partie: «Wir wollten unbedingt gewinnen, um jeden Preis.» Fast preislos waren auch die Geschenke, die Ajax den Römern gemacht hatte. Da waren neben zahlreichen vergebenen Chancen etwa der kläglich verschossene Penalty von Dusan Tadic oder der Patzer von Nummer-3-Goalie Kjell Scherpen beim 1:1.
Die Verzweiflung ist nachvollziehbar, stellt die Europa League für die Römer doch den letzten Strohhalm dar. In der (von Inter abgesehen) plötzlich ausgeglichenen Serie A liegen die inkonstanten «Giallorossi» aktuell nur auf Rang 7. Das würde nicht einmal zur Qualifikation für die neue, drittklassige Conference League berechtigen. Ajax hingegen eilt mit grossen Schritten in Richtung 35. Meistertitel und kennt derartige Sorgen nicht.
Ein gelb-rotes Trikot schien Fortuna in dieser Saison bislang nicht zu tragen. Der als neuer Francesco Totti gehandelte Nicolo Zaniolo erlitt seinen 2. Kreuzbandriss innert 2 Jahren. Mit Marash Kumbulla, Chris Smalling und Leonardo Spinazzola erwischte es zudem gleich 3 Verteidiger. Für letzteren rückte der erwähnte Calafiori gegen Ajax nach 29 Minuten ins Team.
Der talentierte Defensivspieler machte seine Sache gut. Dabei hatte ihn die «maledizione degli infortuni», das Verletzungspech, besonders hart getroffen. Erst das Coronavirus, dann eine anhaltende Blessur am Oberschenkel sorgten dafür, dass er in dieser Saison auf erst 19 Einsatzminuten in der Serie A kommt. Sein Können bekam in der Gruppenphase auch YB zu spüren, als er per herrlichem Weitschuss traf.
Für die Römer steht im Duell der YB-Bezwinger also viel auf dem Spiel. Für ein Weiterkommen würde sich Calafiori wohl auch ohne weiteres wieder von einem Balljungen abschiessen lassen.