Eine WM auf «Plastik-Rasen»? Da würden sich bei Ronaldo, Ibrahimovic, Messi und Co. die Fussnägel krümmen. Kaum auszumalen, welchen Protest dies bei Fans und Spielern hervorrufen würde. Widerstand, der sich auch im Vorfeld der WM in Kanada formiert hatte – ohne Erfolg allerdings, denn die FIFA lässt sich nicht gerne dreinreden.
«Männer-WM würde nie auf Kunstrasen ausgetragen werden»
84 Spielerinnen aus 13 Nationen – Schweizerinnen waren keine dabei - lehnten sich dagegen auf. An vorderster Front Abby Wambach. Die 35-jährige Amerikanerin ist mit 182 Länderspiel-Toren die erfolgreichste Skorerin der Geschichte. «Eine Männer-WM würde nie auf Kunstrasen ausgetragen werden», sagte Wambach. «Es geht hier um die Rechte der Frauen, um Gleichberechtigung», so die FIFA-Weltfussballerin des Jahres 2012.
Schleierhafte Argumentation Valckes
Geschätzte 3 Millionen Dollar hätte es gekostet, um die 6 WM-Stadien mit natürlichem Grün auszustatten. «Geld oder die Unterschiede zwischen einem Frauen- und einem Männer-Anlass spielen keine Rolle», entgegnete FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke. «Es geht einzig und allein um die äusserlichen Bedingungen in Kanada. Wir wollen allen 24 Mannschaften durchgehend beste Spielbedingungen bieten.»
Es geht um Rechte der Frauen
Was Valcke damit anspricht, bleibt aber unklar. Denn auch wenn im Sommer das Thermometer in Kanada durchaus mal auf 30 Grad klettert, so sind die Bedingungen, um im Juni Fussball zu spielen, weitaus besser als zum Beispiel in Südeuropa.
Erfolglose Klage gegen die FIFA
Angeführt von Top-Spielerinnen wie Wambach, der deutschen Weltklasse-Torhüterin Nadine Angerer oder Brasiliens Fabiana Da Silva Simoes wandte sich das Komitee im vergangenen Herbst an das Tribunal für Menschenrechte der kanadischen Provinz Ontario. Im Januar schliesslich wurde die Klage fallen gelassen. «Die Spielerinnen müssen sich nun auf den Sport konzentrieren. Etwas, das die FIFA leider nicht tut», begründete Anwalt Michael Dellinger die Kapitulation.
Kunstrasen ist die Zukunft des Fussballs
So findet im Juni in Vancouver, Ottawa, Winnipeg, Edmonton, Montreal und Moncton erstmals überhaupt eine A-WM auf Unterlagen mit den klingenden Namen wie PolytanTurf, FieldTurf oder XtremeTurf statt. Immerhin haben die Frauen erreicht, dass der Kunstrasen in Vancouver ausgewechselt und modernisiert wird, denn «der Platz ist eine Frechheit, hart wie Beton!», so Angerer.
«Kunstrasen ist die Zukunft»
Auch wenn mit Spielqualität und Verletzungsgefahr argumentiert wurde, der Disput um die Spielunterlage verkam vor allem zur Gender-Frage – und am Ende sprach die FIFA ein Machtwort. Denn schliesslich glaubt sogar der Präsident des Weltfussball-Verbands: «Kunstrasen ist die Zukunft des Fussballs», sagte Joseph S. Blatter im Oktober unmittelbar nachdem die ersten kritischen Stimmen laut geworden waren.
Sendebezug: SRF zwei, sportpanorama, 31.5.15, 18:15 Uhr