Resultate
«Wenn ich die amerikanische Nationalhymne höre, werde ich meine Augen schliessen und mir alles durch den Kopf gehen lassen», meint der langjährige Schalker Jermaine Jones vor dem Spiel der Spiele seiner US-Boys gegen Deutschland. Es sind gefühlvolle Worte für einen, der auf dem Platz eher als unzimperlicher Brecher in Erscheinung tritt. Auch Kyle Beckerman (Real Salt Lake City) gibt sich emotional: «Es ist das grösste Spiel unseres Lebens.»
Deutsche Fraktion mit gemeinsamer Geschichte
Die Gründe für die anrührende Wortwahl sind nicht nur sportlicher Natur: Jones und Beckerman sind zwei Vertreter der fünfköpfigen Fraktion an Deutsch-Amerikanern, für die das Schicksalsspiel gegen Deutschland auch ein Bruderduell ist. Neben ihnen sind auch die «Deutschen» John Anthony Brooks (Hertha Berlin), Tim Chandler (Nürnberg) und Julian Green (Bayern) im US-Kader.
Die «Five Germans» eint auch eine gemeinsame Familiengeschichte: Alle sind sie Söhne in Deutschland stationierter US-Army-Angehöriger. Alle haben deutsche Mütter. Ausser Beckerman wurden alle fussballerisch in Deutschland «sozialisiert».
Soccer «Made in Germany»
Angeführt wird die «deutsche Fraktion» bei den US-Boys von Trainer Jürgen Klinsmann, dem einstigen «Erneuerer des deutschen Fussballs». Daraus, dass auch in seiner Brust zwei Herzen schlagen, macht der bald 50-jährige Schwabe keinen Hehl: «Ich werde beide Hymnen mitsingen.»
«Klinsi» im Kreuzfeuer der Kritik
Mit der Nominierung des deutschen Quintetts hatte der streitbare Revolutionär - wieder einmal - Kritik geerntet. Hatten US-Medien seine unorthodoxen, zuweilen esoterisch anmutenden Trainingsmethoden als «California Bullshit» abgestraft, stand nun ein neuer Vorwurf im Raum: Derjenige, den «American Way of Soccer» zu europäisieren, wie Ex-Nationalcoach Bruce Arena polterte.
Die Aussortierung des nationalen Fussball-Heiligtums Landon Donovan erinnerte gar an das mediale Gepolter, das Klinsmann in Deutschland mit der Degradierung Oliver Kahns augelöst hatte.
Über den Erfolg in die Herzen der US-Soccer-Fans
Mittlerweile haben sich die Wogen geglättet, die amerikanische Öffentlichkeit hat angesichts der erfolgreichen WM-Kampagne ihr Herz für Klinsis «Germans» geöffnet. Wozu freilich auch beitrug, dass der bislang überragende Jones als absoluter Teamleader überzeugte und andere, wie der junge Berliner Brooks (2:1-Siegtreffer gegen Ghana), ins Rampenlicht drängten. Das beste Mittel zur Integration bleibt in den USA eben doch ein Siegerlächeln.
Sendebezug: SRF zwei, FIFA WM 2014 live, 21.06.2014, 21:00 Uhr & 23.06.2014, 00.00 Uhr.