Brasilien winkt im Halbfinal eine Rekordmarke - oder präziser: die Egalisierung einer Bestmarke. Denn mit der 7. Final-Teilnahme (beim 2. Rang 1950 fiel die WM-Entscheidung in einer Finalrunde) könnte die «Selecao» ausgerechnet im Direktduell zu Deutschland aufrücken. Dieses Faktum kann für die Brasilianer jedoch kein Ansporn sein.
Der Gastgeber will aus anderen Gründen um jeden Preis ins Endspiel: Um die eigene Sehnsucht und diejenige von 200 Millionen Einwohnern zu stillen, und um die Schmach von 1950 im Maracana (1:2 gegen Uruguay) vergessen zu machen. In den letzten Tagen ist ein 3. Anlass dazugekommen, «der Titel als Hommage an Neymar», wie die Zeitung Meia Hora schrieb.
Ohne Anzeichen - mit einem Auftrag
So sagte Brasiliens Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari: «Es sind noch zwei Schritte bis zum Himmel.» Aber auch: «Wir sind zum Titel verdammt.» Die meist diskutierte Frage im Land, wer den verletzten Neymar ersetzen soll, lässt der 65-Jährige bis kurz vor dem Anpfiff in Belo Horizonte unbeantwortet. Im Abschlusstraining am Montag narrte er alle Zaungäste mit munteren Wechseln von Spielern und taktischen Varianten im 10-Minuten-Takt.
Der schwerwiegende Ausfall des Dribbelkünstlers dürfte ihm sowieso nicht allzu grosses Kopfzerbrechen bereiten. So stammt folgende Aussage von ihm noch vor dem Eröffnungsspiel: «Bei einem Turnier ist das Team wichtiger als einzelne Stars.» Kaum einer versteht es besser als der weit herum gekommene Scolari (über 20 Stationen), eine Einheit zu formen. Und er führte die «Selecao» schon einmal zum Titel - 2002, ausgerechnet gegen Deutschland.
2 Halbfinals, 2 Niederlagen, 0 Tore
Auf der anderen Seite steht Joachim Löw. Zum 3. Mal in Serie hat er die DFB-Elf in den Halbfinal gebracht (2006 gemeinsam mit Jürgen Klinsmann). Die letzten beiden Male sind die Deutschen gescheitert, jeweils ohne Torerfolg, weshalb sich ihre ewige Bilanz in der Vorschlussrunde auf 7:5 verschlechterte.
Bundestrainer Löw erwartet einen «Kampf mit Haken und Ösen» - und einen Sieg. Selbstbewusst kündigte er an: «Wir sind noch nicht fertig mit unserer Mission.» Schützenhilfe kriegt er von André Schürrle, der stellvertretend für das Team betont: «Es gibt für uns kein anderes Thema mehr als den Final und den Titel.» Motivation schöpft der dreifache Weltmeister auch daraus, dass der Halbfinal am Jahrestag des WM-Triumphes von 1990 stattfindet.
Löw dürfte dabei auf die gleiche Auswahl wie zuletzt gegen Frankreich setzen. Noch ist jedoch unklar, ob im Sturm wieder Miroslav Klose zum Zug kommt, um die starke brasilianische Innenverteidigung zu beschäftigen. Denkbar ist auch ein Einsatz von Lukas Podolski auf dem Flügel, während Thomas Müller ins Angriffszentrum rücken würde.
Die Wege in den Halbfinal
Brasilien | Deutschland | |
---|---|---|
1. Gruppenspiel | 3:1 gg. Kroatien | 4:0 gg. Portugal |
2. Gruppenspiel | 0:0 gg. Mexiko | 2:2 gg. Ghana |
3. Gruppenspiel | 4:1 gg. Kamerun | 1:0 gg. USA |
Achtelfinal | 3:2 n.P. gg. Chile (1:1 n.V.) | 2:1 n.V. gg. Algerien |
Viertelfinal | 2:1 gg. Kolumbien | 1:0 gg. Frankreich |
Sendebezug: SRF zwei, FIFA WM 2014 live, 04.07.2014, 18:00 und 22:00 Uhr.