Als Andries Noppert im Frühjahr zu ersten Spekulationen über ein «Oranje»-Debüt gefragt wurde, lachte er. Ob die regionale Auswahl der Provinz Friesland gemeint sei, antwortete er ungläubig. Aber die berühmte «Elftal»?
Der 28-Jährige hatte sich nicht verhört. Was vor einigen Monaten noch unvorstellbar geklungen hatte, ist auf der grösstmöglichen Fussball-Bühne überraschend Realität geworden – dabei war er vor nicht einmal zwei Jahren noch arbeitslos.
Van Gaal verblüfft mit Noppert mal wieder
Der Goalie feierte in Katar seine gelungene WM- und Nationalteam-Premiere in einem: Er stand in allen vier Spielen der Niederlande zwischen den Pfosten, kommt auf eine Abwehrquote von 88 Prozent und kassierte erst zwei Gegentore. Auch am Freitag im Viertelfinal gegen Argentinien wird der mit 2,03 Meter grösste Spieler der ganzen Weltmeisterschaft wohl im Tor des Teams von Louis van Gaal stehen.
Der eigenwillige Bondscoach hatte mit seiner Entscheidung gegen Remko Pasveer und Justin Bijlow wieder einmal alle verblüfft. «Herr Van Gaal wäre nicht Herr Van Gaal, wenn es nicht eine Überraschung gäbe», sagte Noppert lächelnd.
Lange erfolg- und arbeitslos
Das Team um Superstar Virgil van Dijk kann mit dieser Überraschung jedoch sehr gut leben. «Er ist ein echter Friese. Nüchtern, aber sehr direkt. Er ist ein Junge ganz nach meinem Geschmack», lobte Captain Van Dijk. Jeder, ergänzte Davy Klaassen, «hält Andries für einen Top-Typen».
Ein Top-Typ, aber lange kein Top-Torwart. Zumindest keiner, der trotz seiner beachtlichen Grösse auffiel. Von Breda, wo er in knapp vier Jahren gerade einmal sieben Spiele bestritt, ging es 2018 erst einmal zum italienischen Serie-B-Klub Foggia. Aber ohne Erfolg.
Danach hiess es: Arbeitsamt, Zweitligist Dordrecht, erneut Arbeitsamt. Die Familie wollte bereits, dass sich Noppert einen «normalen» Job bei der Polizei sucht. Doch der blieb stur und bekam im Januar 2021 bei den Go Ahead Eagles in der Eredivisie eine neue Chance. Von dort ging es dann im Sommer zu seinem Jugendverein Heerenveen – und nach nur 14 Spielen direkt ins WM-Team.
Eine Entwicklung, die Noppert, der erst im September beim Nations-League-Spiel gegen Belgien erstmals im Kader gestanden hatte, «nie für möglich gehalten» hat. Dass für ihn ein «Kindheitstraum» in Erfüllung ging, musste er nicht extra erwähnen. Ein Traum in Oranje – und nicht in Blau-Weiss-Rot, den Farben der Provinz Friesland.