Ende November lag Heung-min Son im Spital. Er hatte einen vierfachen Bruch über dem linken Auge erlitten. Die WM 2022 in Katar war für den 30-Jährigen in weite Ferne gerückt. Das medizinische Risiko, mit einer solchen Blessur Fussball zu spielen, war gross – doch Son war stur. Er liess eine Carbon-Maske anfertigen und spielte. Nicht so, wie man es von ihm gewohnt ist, aber er war auf dem Platz.
In den ersten beiden Partien der Vorrunde vermochte er nicht zu überzeugen – und auch im Showdown der Gruppe H gegen Portugal wollte ihm lange nicht alles gelingen. Aber in der Nachspielzeit blitzte seine Weltklasse auf. Mit einem genialen Pass ermöglichte er Hee-Chan Hwang den 2:1-Siegtreffer, der die Qualifikation für den Achtelfinal bedeutete.
Zum Druck kommt Kritik hinzu
Son löste die Maske von seinem Gesicht, sackte in sich zusammen und brach in Tränen aus. Die Last einer ganzen Nation fiel von seinen Schultern ab. Schon vor Turnierstart war der Druck auf Son hoch gewesen. Nach dem 0:0 gegen Uruguay und dem 2:3 gegen Ghana kam in der Heimat Kritik dazu.
Aber Son, die Galionsfigur der «Taegeuk Warriors», brillierte dann, als es ihn am meisten brauchte. «Es gab Zeiten, in denen ich nicht mein Bestes geben konnte, und ich danke meinen Teamkollegen dafür, dass sie für mich eingesprungen sind, als ich nicht all meine Verpflichtungen erfüllen konnte», sagte der Tottenham-Star und betonte: «Ich bin so dankbar, dieses Team anführen zu dürfen.»
Hoffen auf ein weiteres Wunder
Noch ist das Turnier für sein Südkorea nicht vorbei. «Ich hoffe, wir können ein weiteres Wunder vollbringen», so Son. Nicht weniger als das benötigt es, um Rekordweltmeister Brasilien auszuschalten.
Aber in Südkorea wird geträumt: von der nächsten Sensation, vom ersten Viertelfinal-Einzug an einer WM seit 2002 im eigenen Land. Damals endete das Abenteuer gar erst in der Vorschlussrunde. Und Südkorea weiss: Mit Son ist Träumen erlaubt.