Harry Maguire verbreitete unter der Woche im Training beste Laune. Wie am Mittwoch etwa, als er bei 26 Grad und im ärmellosen Muskelshirt beim beliebten Aufwärmspiel 5 gegen 2 gleich den ersten Pass ins Aus setzte. Unter dem Gelächter seiner Mitspieler nahm der Abwehrspieler den Platz in der Mitte ein. Später versuchte Maguire von der Eckfahne aus mehrere Kunstschüsse. Keiner ging rein. Wieder gab es Spott.
Spott ist sich Maguire mittlerweile gewohnt. Nicht unbedingt von seinen Mitspielern, sondern vielmehr von Fans oder Experten. Der 1,96 grosse Verteidiger von Manchester United fällt immer mal wieder mit teilweise etwas tollpatschig wirkenden Fehlern oder einer Slapstick-Einlage auf. Bei den «Red Devils» verlor er nach einer besonderen Häufung von Fehlern in dieser Saison seinen Stammplatz – und das als eigentlicher Captain.
Van der Vaart: «Süle ist der deutsche Maguire»
Offenbar auf den in den britischen Medien als «Tölpel» verrufenen Maguire eingeschossen zu haben scheint sich auch Rafael van der Vaart. Der ehemalige Mittelfeldspieler der «Oranje» sagte einst, Spieler wie Maguire finde man bei jedem Amateurklub in den Niederlanden.
Zuletzt sprach er auch in seiner Rolle als TV-Experte an der WM in Katar über den Innenverteidiger. Als er die Leistung von Deutschlands Niklas Süle einordnen sollte, sagte van der Vaart: «Süle ist nicht Weltklasse. Er ist der deutsche Harry Maguire.» Als Kompliment ist der Vergleich des Niederländers selbstredend nicht zu verstehen.
Viertelfinals sind Maguires Ding
Selbst seriöse Medien auf der Insel wollten Maguire noch vor ein paar Monaten nicht im Kader von Gareth Southgate sehen. Aber von genau diesem bekommt der viel gescholtene Abwehrriese Rückendeckung. In Katar durfte er bisher immer von Beginn weg ran. Zusammen mit John Stones ist Maguire das defensive Herzstück in einem 4-2-3-1-System, das Southgate kurzfristig anstelle einer Dreierkette installierte, um dauerhaft einen Offensivmann mehr auf dem Rasen zu haben.
Die Bilanz gibt ihm recht: In vier WM-Spielen gegen den Iran (6:2), die USA (0:0), Wales (3:0) und den Senegal (3:0) gab es nur zwei Gegentore. Nur Marokko hat von allen Viertelfinalisten noch ein Gegentor weniger kassiert. Ein Eigentor übrigens.
Maguire selbst nimmt die Schmähungen gelassen. Klar werde man nicht gerne kritisiert, «aber ich denke, das ist Teil dieses Spiels. Ich habe einen grossen Glauben an mich selbst», so der Mann aus Sheffield, der sich bei Standards auch gerne mal in die Offensive einschaltet. In Viertelfinals an Endrunden scheint er dies besonders erfolgreich zu tun: Sowohl bei der WM 2018 gegen Schweden wie auch bei der EM 2021 gegen die Ukraine traf er jeweils per Kopf. Und gegen Frankreich?