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Vom Trainer bis zur Zukunft Die WM der Nati in 5 Stichworten

Welche Themen haben die Schweizer Nationalmannschaft an der WM 2022 in Katar beschäftigt? Was bleibt und was bringt die Zukunft? Der Versuch einer Einordnung.

Der Trainer

Murat Yakin gibt sich in Doha gewohnt tiefenentspannt. Seine offene und zugängliche Art kommt nicht nur in der Schweiz, sondern auch bei den internationalen Medienschaffenden gut an. Er sei «charming» und «cool», aber habe dennoch «Substanz», formuliert es die Fussball-Webseite The Athletic vor dem Portugal-Showdown.

Auch in Katar ist Yakin – wie oft seit seiner Amtsübernahme – für eine Überraschung gut, nimmt Rochaden vor, die kaum einer antizipieren kann. Gegen Portugal, das ein sehr starkes Spiel zeigt, ist es dann vielleicht die eine Überraschung zu viel. Nach 3 Wochen Dauerlob muss Yakin nach dem 1:6-Debakel viel Kritik bezüglich des gewählten Systems einstecken – auch von den eigenen Spielern.

Dass er nur zwei gelernte Aussenverteidiger aufgeboten hat, fliegt ihm nun medial um die Ohren. Wie im Fussballgeschäft so üblich, wird der 48-Jährige nach seiner Zukunft befragt. Selbst das bringt ihn nicht aus der Ruhe. «Wir haben ein Fussballspiel verloren, das ist alles», antwortet Yakin mit der ihm eigenen stoischen Ruhe.

Die Einheit

Die wenigen Einblicke, die man an der WM von den Schweizern bis zum Achtelfinal erhält, sind durchweg positiv. Die Nati gibt sich sowohl auf als auch neben dem Platz als funktionierendes Kollektiv. Wer den Spielern zuhört, erhält den Eindruck, dass in diesem Team ein spezieller Kit herrscht. Ganz getreu dem Motto «Einer für alle, alle für einen» übersteht die Mannschaft die heikle Gruppenphase. Doch dann kommt der denkwürdige Dienstagabend im Lusail-Stadion. Gegenseitige Schuldzuweisungen sind zu vernehmen, weg ist dieses positive «Wir-Gefühl». Wo liegt nun die Wahrheit? Die Antwort dürfte sich mit etwas mehr Distanz und abgekühlten Emotionen irgendwo dazwischen finden lassen.

Die Aufreger

Das Gruppenspiel gegen Serbien, es wird hochstilisiert, seit die Auslosung im April dem Yakin-Team diesen Gegner beschert hat. Es kommt wie erwartet zum Showdown, wobei sowohl Spieler als auch Medien die Emotionen lange unter dem Deckel halten. Gegen Ende der Partie wird es doch noch hitzig, es folgen Provokationen, Granit Xhaka lässt sich zu einer obszönen Geste hinreissen. Sportliche Folgen hat dieser Aufreger nicht, doch kostet er am Ende wertvolle Energie?

Substanzielle Energie geht dem Team auch durch ein grassierendes Virus verloren. Erst werden Yann Sommer und Nico Elvedi krank, dann erwischt es auch Fabian Schär und Silvan Widmer. Die Schweizer Defensivreihe? Ausgeknockt. Für Yakin ist diese Schwächung der Hauptgrund für den blamablen Auftritt gegen Portugal.

Keine Auskunft geben will der Captain – zumindest nicht vor laufender Kamera. Xhaka lässt sich nach dem Out nur in der Mixed-Zone in den Katakomben des Stadions ein paar Worte entlocken.

Die Baustellen

Die Diskussionen, wie gut diese Nati, die vielzitierte «Goldene Generation» nun wirklich ist, laufen bereits auf Hochtouren. Was aber mit Sicherheit gesagt werden kann: Die Breite im aktuellen Kader fehlt. Fällt ein Stammspieler aus, wird die Luft auf vielen Positionen schnell dünn. Können die Gegner mit Einwechslungen nochmals wertvolle Impulse setzen, so verliert die Schweiz bei Wechseln oft an Substanz.

Was an dieser WM ebenfalls auffällt: Die Nati hat bei Standard-Situationen viel Luft nach oben. Das gilt auch für die Angriffe über die Seite. Brauchbare Flanken erreichten Breel Embolo und Co. im Strafraum so gut wie nie.

Die Zukunft

Das nächste grosse Turnier findet bereits in anderthalb Jahren statt – vorausgesetzt, die Nati qualifiziert sich für die EM 2024 in Deutschland. Die spannende Frage lautet: Was geschieht mit den aktuellen Leadern im Team? Yann Sommer, Granit Xhaka, Ricardo Rodriguez oder Xherdan Shaqiri – sie alle sind über 30 Jahre alt. Hält Yakin an seinen Prinzipen fest, wird er auch nach dieser WM Umbrüche vornehmen und versuchen, junge Spieler zu integrieren. Es wird spannend sein zu beobachten, ob und wie sich die Dynamik verändern wird.

Fussballer
Legende: Die Schweizer Leader – auch in Zukunft? Nati-Captain Granit Xhaka (rechts) und Xherdan Shaqiri. Keystone/Laurent Gillieron

SRF zwei, Sportlive, 6.12.22, 20 Uhr

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