Es waren heftige Umstände, die den Amtsantritt von Chris Coleman als Nationaltrainer Wales' Anfang 2012 begleitet haben:
- Sein Vorgänger Gary Speed hatte im November 2011 Selbstmord begangen. Unter dem 85-fachen Nationalspieler konnte die Equipe von 10 Partien deren 5 gewinnen.
- Dieser kollektive Schock riss die Formkurve sogleich wieder in den Keller. Nach 4 Niederlagen zu Colemans Einstand markierte die 1:6-Pleite in Serbien den Tiefpunkt. In den Medien wurde nach einem neuen Coach geschrien.
Mit Mut zur Eigenständigkeit
Der Turnaround kam mit der EM-Kampagne. Die Waliser blieben bis zur 9. Runde ungeschlagen und schafften als Tabellenzweiter hinter Belgien die direkte Qualifikation. Noch nie zuvor hatte der Fussball-Zwerg an einer EURO-Endrunde gestanden, einzig 1958 hatte er an der WM teilnehmen dürfen.
Schritt um Schritt hatte Coleman die Mannschaft aus der Krise geführt, die nicht nur sportlicher Natur war. So unbegreiflich das Schicksal um Speed war, so sehr hatte es die Spieler geeint. «Gewachsen ist auch das Selbstvertrauen – mit jedem Sieg. Wir haben die Angst vor dem Versagen aus unseren Köpfen verbannen können», blendet der Trainer zurück.
Es war zweifellos ein guter Weg, aber es war eben Garys Weg.
Er selbst konnte sich nach etwas Anlaufzeit von den Vorstellungen Gary Speeds abwenden. «Ich habe nie zu 100 Prozent an seine Philosophie geglaubt. Es war zweifellos ein guter Weg, aber es war eben Garys Weg», sagt Coleman und betont, «es brauchte Mut, meinen eigenen Weg einzuschlagen.»
Im Geist lebt Gary Speed weiter
Coleman setzt auf konsequenten Ergebnisfussball. «Dazu gehört, dass wir mit Phantasie spielen und dem Gegner schwierige Aufgaben auferlegen.» 7 Mal liess Wales in der EM-Qualifikation kein Gegentor zu. Dazu weiss es mit Gareth Bale einen Ausnahmekönner in seinen Reihen. Der 26-Jährige ist für den Coach von unschätzbarem Wert. Trotzdem wiegelt er ab: «Wir sind als Team gut aufgestellt.»
Persönliches Lob will Coleman erst recht nicht hören, obschon er keinen grösseren Erfolg als die EM-Quali vorweisen kann. Lieber wandern seine Gedanken bisweilen zurück, darum hält er fest: «Über eine EM mit Wales wird sich Gary freuen.»
Sendebezug: Laufende Berichterstattung zur EURO