Eigentlich sollte der Fokus der «Equipe Tricolore» dieser Tage voll auf dem EM-Auftaktspiel am Montag liegen. Doch die Gelassenheit, welche Gegner Österreich umso mehr ausstrahlt, geht den Franzosen aktuell völlig ab.
Über vieles wurde im Lager von «Les Bleus» in den vergangenen Tagen gesprochen, Fussball gehörte selten dazu. Kylian Mbappé hatte einen Schnupfen, ja. Viel mehr aber ging es um die Europawahlen in der Heimat. Der grösste Titelanwärter neben England ist abgelenkt.
Rechtsextreme im Aufwind – Mbappés Aufruf
Vom 30. Juni bis 7. Juli sind die Menschen in Frankreich aufgerufen, über die Zusammensetzung des Parlaments abzustimmen, nachdem Staatspräsident Emmanuel Macron nach der Europawahl Neuwahlen angesetzt hatte. Dessen Partei hatte knapp 15 Prozent der Stimmen bekommen. Dagegen war die rechtsnationale Partei Rassemblement National auf über 31 Prozent gekommen. Die politisch unsichere Zukunft Frankreichs war dann oft das Hauptthema an den Medienkonferenzen des Nationalteams.
Dazu trug massgeblich bei, dass sich mit Mbappé das Aushängeschild der Equipe dezidiert äusserte. «Es ist ein entscheidender Moment in der Geschichte unseres Landes», betonte er. «Wir sind eine Generation, die etwas bewirken kann. Deswegen: Geht wählen!» Sich gegen die extreme Rechte zu stellen, sei noch «wichtiger als das Spiel gegen Österreich».
Verband zeigt Mahnfinger
Weitere Akteure bekannten klar Farbe: «Die Situation in Frankreich ist traurig, sie ist ernst», sagte etwa der ehemalige Bundesliga-Stürmer Marcus Thuram: «Das ist die traurige Realität unserer Gesellschaft.»
Auch Ousmane Dembélé nutzte die Chance, um an seine Landsleute zu appellieren: «Wir müssen die Leute dazu bewegen, zur Wahl zu gehen. Ich denke, dass die Alarmglocken schrillen», so der PSG-Stürmer.
Am Samstagabend schaltete sich auch noch der französische Fussballverband FFF ein. In einem Statement hiess es: «Dem französischen Fussballverband liegt die Meinungsfreiheit sehr am Herzen, er unterstützt den notwendigen Aufruf zur Stimmabgabe.» Es sei allerdings «angebracht, jegliche Form von Druck und politischer Ausnutzung des französischen Teams zu vermeiden».
Nicht die beste Vorbereitung
Mit der Intervention verfolgt der französische Fussballverband das Ziel, den Fokus ein für alle Mal auf die anstehende EURO zu legen und das Thema Politik – zumindest vorübergehend – ruhen zu lassen. Trotz der suboptimalen Vorbereitung steigt der Weltmeister von 2018 als Favorit ins Duell mit Österreich.
Auf der Gegenseite muss sich das Team von Trainer Ralf Rangnick keineswegs verstecken. Nicht wenige trauen den Österreichern zu, das Überraschungsteam der EM zu werden. Seit 2023 hat Rot-Weiss-Rot nur gerade 1 seiner 14 Spiele verloren. Und nachdem Rangnick vor wenigen Wochen einen sichergeglaubten Wechsel zu Bayern München ausschlug, um stattdessen bei Österreich zu verlängern, gehen die Spieler für den Coach bestimmt noch mehr durchs Feuer.