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EM-Direktorin im Tagesgespräch Keller: Mit «Familien-Event» Massstäbe setzen und Rekorde brechen

EURO-Turnierdirektorin Doris Keller über ihre Arbeit, angestrebte Rekorde, ein geplantes Defizit und weshalb die Tickets nicht teurer verkauft wurden.

Seit Mittwoch ist er da, der Moment der Wahrheit. Nicht nur für das Schweizer Frauennationalteam, auch für Doris Keller. Sie ist die Turnierdirektorin der Women's EURO 2025. Nach Monaten, ja Jahren der Vorbereitung werden nun die Früchte der Arbeit geerntet, wie sie im Tagesgespräch erzählt. Keller weise ihr Team in diesen Tagen stets an: «Geniesst es, trotz all dem Stress!»

Für Schweizer Verhältnisse wird es ein Turnier der Superlative: 31 Spiele in 8 Städten, etwa 700'000 Gäste werden erwartet, 2500 Volunteers stehen im Einsatz, die SBB setzt rund 400 Sonderzüge ein.

Doris Keller

Turnierdirektorin der UEFA Women's EURO 2025

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Die Sportmanagerin und Fussballfunktionärin amtet seit Mai 2023 als Turnierdirektorin der EURO. Keller ist ursprünglich Orientierungsläuferin, bringt aber jede Menge Erfahrung im internationalen Fussballmanagement mit. Bei den Männern organisierte sie etwa schon die Champions-League-Finals 2002 und 2003. Zudem verantwortete die 1972 geborene Bernerin die letzte Copa America der Frauen.

Und doch steckt der Teufel im Detail, keine Kleinigkeit, die Keller nicht im Blick haben muss: Sind die Trainingsplätze wie von den Delegationen gewünscht? Stehen die Stewards richtig? Befinden sich die offiziellen Sponsoren auf den Plakaten? Die Bernerin ist Schnittstelle für zahllose Anlaufstellen: Bund, Kantone, Host Cities. Sie verantwortet, dass in Zeiten globaler Tumulte die Sicherheit am Turnier stets gewährleistet ist.

Was Keller optimistisch stimmt: «Wir haben im Frauenfussball ein sehr friedliches Publikum. Es ist ein Familienturnier, bei dem sogar gemeinsame Fanmärsche der sich duellierenden Teams stattfinden.» Ein anderer Punkt ist die aktuelle Hitzephase. Spontan wurden Massnahmen ergriffen: Bis die Temperaturen sinken, dürfen Fans kleine PET- und Alu-Flaschen mit ins Stadion bringen.

Das Turnier kann den Schweizer Frauenfussball fast 10 Jahre vorwärtsbringen.

Keller ist routiniert in der Durchführung grosser Sportevents. Doch das Heimturnier ist eine Herzensangelegenheit. Fürs Heimatland, für den Frauenfussball. Und für das oft erwähnte Legacy-Projekt: «So ein Turnier kann den Schweizer Frauenfussball fast 10 Jahre vorwärtsbringen», ist sich die 52-Jährige sicher.

Man will mehr Mädchen zum Fussball bringen. Aber auch die Zahl an Trainerinnen, Schiedsrichterinnen, Funktionärinnen erhöhen. Zentral im EM-Projekt: Man setzt auf Stadionsprecherinnen.

Wenn ein Problem kommt, muss es gelöst werden. Man darf nicht zu viel studieren.

Dass nur 2 Jahre Zeit blieben, sei sportlich gewesen, gibt Keller zu. Sie habe auf Pragmatismus gesetzt: «Wenn ein Problem kommt, muss es gelöst werden. Man darf nicht zu viel studieren.»

Kann die Direktorin jetzt schon sagen, welchen Ausgang des Turniers sie als Erfolg verbuchen würde? «Wir wollen den Schwung des Frauenfussballs weiterführen und neue Massstäbe setzen. Brechen wir ein paar Rekorde, ist das geschafft.» Man ist auf sehr gutem Weg: Die bisherige Bestmarke einer Frauen-EM (in England wurden vor 3 Jahren 570'000 Tickets verkauft) wird man deutlich überflügeln.

ÖV-Billette inklusive

35 Prozent der Eintritte gingen ins Ausland. Man kommt seinen Gästen in der «teuren Schweiz» entgegen, indem ÖV-Fahrten inklusive sind. Das ambitionierte Ziel einer ausverkauften EURO wird man hingegen wohl knapp verpassen.

Wiederum deutlich verpassen wird man trotz beträchtlicher Sponsoringbeiträge die schwarze Null – was einkalkuliert ist. Das geschätzte Defizit von 25 bis 30 Mio. Franken deckt die Uefa. Der europäische Fussballverband will es als Investition in den Frauenfussball verstanden wissen.

Hat man angesichts der hohen Ticketverkäufe die Preise zu tief angesetzt? Nein, findet Keller: «Unser Ziel war klar, dass eine vierköpfige Familie nicht über 100 Franken für einen Stadionbesuch bezahlen muss.»

Noch ist der Stress für Keller nicht vorbei, sie reist von Stadion zu Stadion. Dennoch scheint klar: Sie wird es geniessen.

UEFA Women's EURO 2025

Radio SRF 4, Tagesgespräch, 2.7.25, 13 Uhr ; 

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