Wer geht als Nummer 1 ins Turnier?
Die wohl am emotionalsten geführte Diskussion wurde schon 75 Minuten vor Anpfiff mit der Bekanntgabe der Startaufstellung zugunsten von Livia Peng entschieden. Noch am Tag zuvor hatte sich Pia Sundhage bedeckt gehalten, jedoch erklärt, das Geheimnis gegen Tschechien zu lüften. Elvira Herzog, die im Herbst den Vorzug erhalten hatte, war von nicht wenigen Expertinnen und Experten wegen ihrer Spielauslösung favorisiert worden.
Peng, die zu Chelsea wechselt, blickt wiederum auf eine starke Saison mit Werder Bremen zurück. Sundhage meinte, die Bündnerin sei aktuell besser, und stehe «sehr wahrscheinlich» auch am 2. Juli im Kasten. Peng zeigte abgesehen von einer Situation eine souveräne Leistung und war beim Gegentor machtlos.
Wie fit sind Wälti und Bühler?
Am Mittwoch kündigte Sundhage an, Lia Wälti «mindestens 45 Einsatzminuten» geben zu wollen. Dass daraus nichts werden würde, offenbarte bereits der Blick aufs Matchblatt, auf dem die Mittelfeldspielerin fehlte. Die Sorgen um die Kapitänin im Hinblick auf den EM-Start werden dadurch nicht geringer, auch wenn Sundhage nach dem Spiel versicherte, Wälti werde zum Auftakt fit sein.
Mit Luana Bühler gab eine andere Leaderin ihr Comeback nach längerer Verletzungspause. Die Luzernerin kam für die zweiten 45 Minuten und wirkte gegen offensiv limitierte Tschechinnen stabil und fit.
Wie entwickelt sich das Sorgenkind Offensive?
Nur 4 Tore hatte die Nati in der Nations-League-Kampagne erzielt – 3 davon beim wilden Remis in Island. In Winterthur wurde die Schützenwiese zur 4-Schützinnen-Wiese. Wenngleich Tschechien kein ganz harter Brocken war, eine starke Ausbeute. Plötzlich hat Sundhage die Qual der Wahl: Um Géraldine Reuteler wird sie kaum herumkommen, womöglich in defensiverer Rolle. Eigentlich galt Barcelona-Supertalent Sydney Schertenleib ebenso als gesetzt.
Doch auch Riola Xhemaili konnte durchaus Argumente für sich sammeln – nicht nur ihres Tores und der fantastischen Vorlage wegen. Immer wieder liess sie ihre technische Klasse aufblitzen, spielte kluge Pässe, war stetiger Unruheherd. «Es hat mir nach einem Jahr ohne Aufgebot sehr gutgetan», freute sich die Stürmerin. Svenja Fölmli fügte sich ebenfalls nahtlos ins Gefüge ein und durfte sich über einen Treffer freuen. Leila Wandeler, die den Pfosten traf und das 4:1 vorbereitete, zeigte vielversprechende Ansätze.
Auf welches System setzt Sundhage?
Die Schwedin betont stets, wie wichtig ihr taktische Variabilität ist. So stellte sie auch gegen Tschechien in der zweiten Halbzeit um. Doch ihre Wahl scheint auf die defensive Dreier- respektive Fünferkette gefallen zu sein. Grund: «In einem System mit vier Verteidigerinnen können wir nicht so viel Druck im Pressing aufbauen.» Eine Gewinnerin daraus ist Nadine Riesen, die mit ihrem Tempo auf dem Flügel wie schon gegen Norwegen zu überzeugen wusste.
Auf der rechten Aussenbahn hingegen wird man den Verdacht nicht los, dass Iman Beney ihr volles Potenzial auf dieser Position nicht auszuschöpfen vermag. Die künftige ManCity-Legionärin hatte an jenem Ort, an dem sie sich vor knapp 2 Jahren ihr Kreuzband riss, einen schweren Stand. Sundhage lobte die Teenagerin nach dem Spiel zwar, hob jedoch auch hervor, dass noch Luft nach oben sei: «Wir wollen auf dieser Position ihren Speed nutzen. Sie macht es immer besser. Aber es geht nicht um sie, es geht ums Team.»