Nach einem wohlverdienten freien Tag nahm das Nationalteam am Sonntag die Arbeit wieder auf: mit einem öffentlichen Training im Berner Neufeld. Vor vollen Tribünen und bei bestem Fussballwetter absolvierte die Equipe unter grossem Applaus ihre Übungen. Etwa 4000 Fans nahmen den Weg auf die Sportanlage auf sich.
Mit bei der Familie aufgeladenen Batterien («Es war schön, wieder einmal andere, vertraute Gesichter zu sehen») hatte sich kurz zuvor Svenja Fölmli den Fragen der Medien gestellt. Die Stürmerin, die viel Kraft mitbringt, hatte gegen die physisch starken Teams aus Island und Finnland einen schweren Stand, wenngleich ihr gegen die Finninnen mit dem Absatz beinahe ein Traumtor geglückt wäre.
Was gibt es Geileres, als dass wir diese Euphorie im Land entfachen können?
Sei's drum, an der Medienkonferenz betont Fölmli: «Am Ende ist wichtig, dass das Team Erfolg hat. Was gibt es Geileres, als dass wir diese Euphorie im Land entfachen können? Da ist mir komplett egal, wer das Tor macht.»
Dass die Freiburg-Legionärin überhaupt am Turnier mittun kann, ist keine Selbstverständlichkeit. Nach dem zweiten Kreuzbandriss innert kurzer Zeit wurde die EM-Teilnahme zum Wettlauf gegen die Zeit. Die Aussicht darauf, an einer Heim-EURO dabeizusein, spendete ihr in der Reha viel Energie: «Wenn man immer nur im Kraftraum ist und nie mit Ball trainieren kann, sind solche Gedanken wichtig.»
Spanien: Offensiv kaum zu halten, defensiv anfällig
Natürlich geht der Blick auch schon nach vorne zum Viertelfinal am Freitag. Mit Spanien trifft die Schweiz auf das aktuell vielleicht beste Team der Welt. «Sie spielen extrem schönen Fussball», schwärmt Fölmli, die mit dem kompletten Team den 3:1-Sieg von «La Roja» über Italien live im Wankdorf mitverfolgt hat. 14 Tore hat Spanien bislang erzielt, drei kassiert. Fölmli attestiert ihrem Team aber durchaus Chancen: «Man hat gesehen, dass sie defensiv anfällig sind. Andere Teams haben schon gezeigt, dass man gegen sie Tore schiessen kann.»
Mein Vater sagt immer: ‹Der Ball ist rund und alles ist möglich.›
Das sieht auch Riola Xhemaili so. Der allgemeinen Vermutung, die Schweiz werde einmal mehr chancenlos sein gegen Spanien, hält sie ein familiäres Bonmot entgegen: «Mein Vater sagt immer: ‹Der Ball ist rund und alles ist möglich.›» Der Matchplan laute, möglichst lange die Null zu halten.
Zugleich blickte Xhemaili noch einmal auf ihren wichtigen Treffer gegen Finnland zurück: «Es war ein Höhepunkt meiner bisherigen Karriere. Speziell, episch, unbeschreiblich, alles Mögliche.» Das Handy habe sie bei ihrem Besuch in ihrer Heimat Niederbipp bewusst nicht mitgenommen.
Auch mit der Joker-Rolle, die sie zuletzt innehatte, kann sie sich arrangieren: «Ich gebe für mein Land immer das Maximum, egal, wenn es nur für 10 Minuten ist.» Dass ausgerechnet sie, die vor der letzten WM etwas überraschend aussortiert worden war und auch unter Pia Sundhage nicht immer zum Stammpersonal gehörte, den kapitalen Treffer erzielte, war eine ganz besondere Geschichte.
Gut möglich, dass Xhemaili gegen Spanien zunächst im Sinne des Pressings einer flinkeren Mitspielerin den Vortritt lassen muss. Sie wird es verschmerzen können – und wer weiss, vielleicht wieder als Joker zustechen. Schliesslich hat ihr Vater schon recht: Alles ist möglich.