Auf dem Fussballplatz des FC Bühler ist der Teufel los. Während der Sommerferien steht auf dem Kunstrasen ein Funpark für Kinder, es gibt eine Festwirtschaft und Live-Musik, die Stimmung ist ausgelassen. Das zentrale Thema der Besuchenden: Nadine Riesen – der grosse Stolz des Vereins aus dem Appenzellerland. Davon zeugt nicht zuletzt ein riesiges Poster mit der Aufschrift «Hopp Nadine» an der Zeltwand.
Unter den Gästen an diesem Samstag sind auch Monika und Jürg, die Eltern von Nadine Riesen. Vom beschaulichen Bühler in den ausverkauften St. Jakob-Park – ein bisschen surreal mutet die Reise ihrer Tochter schon an.
Ekstase im «Joggeli»
«Da bekommt man schon wässrige Augen, ich bin sehr stolz», sagt Monika Riesen gerührt, als sie sich das Tor im EM-Auftaktspiel gegen Norwegen noch einmal anschaut. «Es war ein einmaliges Erlebnis vor über 34'000 Fans. Für uns, aber vor allem auch für sie», ergänzt Vater Jürg. Gemeinsam mit zahlreichen Familienmitgliedern fieberten sie im «Joggeli» mit und wurden Zeuge, als ihre Tochter das vielumjubelte 1:0 für die Schweiz erzielte.
Nadine kam schon als kleines Muskelpaket zur Welt.
Dass Riesen dereinst die Fussballschuhe schnüren würde, war nicht unbedingt abzusehen. «Ich hatte nichts mit Fussball am Hut, habe Eishockey und Handball gespielt», erzählt Jürg Riesen. Auch Nadine sei vielseitig begabt gewesen und habe mit ihren drei Schwestern alle möglichen Sportarten ausprobiert. «Sie kam schon als kleines Muskelpaket zur Welt», lacht der Vater.
Zwei Köpfe kleiner? Kein Problem!
Mit 6 Jahren begleitet Riesen ihre ältere Schwester Selina ins Fussballtraining beim FC Bühler. «Ich erinnere mich gut, ich dachte: ‹Ui, die ist aber noch sehr klein!›», lacht Sibylle Diem. Die Gründerin der Frauen- und Juniorinnenabteilung in Bühler war Riesens erste Trainerin. Riesen sei schon damals gewesen, wie man sie heute kennt: «Immer Vollgas – und in jedem Training und bei jedem Turnier dabei.»
Das unterschreibt auch Selina Langenegger. Mit ihr als Trainerin gewann Riesen zwei Cup-Titel bei den Juniorinnen, ehe sie mit 16 Jahren schliesslich zum FC St. Gallen wechselte.
Heute ist Riesen das grosse Vorbild für die jungen Mädchen im Verein. «Alle hier kennen Nadine, sie kommt auch immer wieder vorbei. Sie vergisst nicht, woher sie kommt – das ist mega schön», so Langenegger. Ein Beleg dafür? Vor dem EURO-Start überreichte Riesen dem Klub ihr Nati-Trikot mit der Aufschrift «Für min Verein ♥️».
Das Vorbild war die grosse Schwester
Auch die Eltern denken gerne an die Zeit «im Bühler» zurück. Im Vordergrund stand immer der Spass an der Bewegung und der Gedanke, Zeit mit den «Gspändli» verbringen zu können. «Es war nie Nadines Ziel, Profi zu werden. Ihr Vorbild war ihre grosse Schwester», erklärt Monika Riesen.
Während Selina mittlerweile mit dem Fussballspielen aufgehört hat, wird Nadine am Sonntagabend die nächste grosse Bühne betreten. Im Wankdorf in Bern steht das womöglich kapitale EM-Spiel gegen Island an. Die Zuversicht bei den Riesens ist gross. «2:1», prophezeit Jürg, wird jedoch schnell von seiner Frau korrigiert: «3:1 – ganz sicher!»