Erstmals überhaupt hat sich mit Michelle Gisin eine Schweizerin zur Olympiasiegerin in der alpinen Kombination gekrönt. Und das bei allerletzter Gelegenheit. An den Spielen in Peking wird dieser Wettkampf aller Voraussicht nach nicht mehr ausgetragen werden.
Der Eintrag in die Geschichtsbücher dürfte die Engelbergerin vorderhand aber sowieso (noch) nicht interessieren. «Ich brauche noch ein Weilchen, bis ich das Ganze überhaupt realisieren kann», sagte sie in einer ersten Reaktion.
Von der Technikspezialistin zur Allrounderin
Dass sich Gisin in der Kombination zur Olympiasiegerin krönte, kommt nicht überraschend. Überraschend und vor allem eindrücklich ist aber, wie schnell sich die eigentliche Technikspezialistin in den schnellen Disziplinen entwickelte. Erst vergangene Saison hatte sie begonnen, vermehrt auch in Abfahrt und Super-G an den Start zu gehen.
Dominique hat mir das Handy weggenommen und alles organisiert. Ich konnte einfach chillen.
In ihrer allerersten Weltcup-Abfahrt liess sie mit Rang 7 aufhorchen. Vergangenen Dezember schaffte sie in der Abfahrt von Lake Louise und im Super-G von St. Moritz den Sprung aufs Podest. Im Slalom hingegen lief es ihr zuletzt nicht mehr nach Wunsch. Ein 10. Rang in Killington war ihr bisheriges Bestresultat in dieser Saison.
Noch am Mittwoch waren ihr die eigenen hohen Erwartungen in der Olympiaabfahrt aber zum Verhängnis geworden. Platz 8 kam für sie einer eigentlichen Enttäuschung gleich. Weil sie im Zielraum unsanft zu Fall gekommen war, brummte ihr zudem der Kopf.
Den Sieg von Michelle als Dritte mitzuerleben, ist extrem schön.
Sie habe es schlicht zu fest gewollt, erklärte sie später. «Nach meinem Sturz gestern hat mich meine Schwester am Abend ins Bett gebracht, mir das Handy weggenommen und alles für mich organisiert. Ich konnte einfach chillen. Heute war ich so viel ruhiger. Ich war mit ganzem Herzen dabei», erzählte sie an der anschliessenden Medienkonferenz. Endlich sei es wieder einmal aufgegangen.
Holdener fehlt jetzt nur noch Gold
Mit ganzem Herzen dabei war auch Wendy Holdener, die sich an die WM in St. Moritz erinnerte. Damals hatte die Schwyzerin vor Gisin Kombi-Gold geholt. «Ich wusste nicht, wie es damals für Michelle war. Aber jetzt bin ich Dritte und sie hat gewonnen. Das mitzuerleben, ist extrem schön. Es ist ein guter Tag für die Schweiz», befand Holdener.
Damit liegt die Silbermedaillengewinnerin des Olympiaslaloms goldrichtig. Einen kompletten Medaillensatz durch Schweizer Skifahrer an einem Tag – das hat es zuvor noch nicht gegeben. Und noch steht mit dem Teamevent ein Wettkampf aus. «Wir müssen jetzt alle locker bleiben. Aber man hat gesehen, dass wir gut drauf sind», frohlockte Holdener.
Vor dem abschliessenden Teamevent stehen die Schweizer Skifahrer in Pyeongchang bei 6 Medaillen. Eine grössere Ausbeute gab es seit Calgary 1988 nicht mehr, als es gleich 11 Stück waren.
Sendebezug: Laufende Olympia-Berichterstattung