Schon kurz nach ihrer Fahrt zeichnete sich ab, dass es für Lara Gut nichts aus dem ersehnten Triumph werden würde. Nachdem die Tessinerin die Führung übernommen hatte, wurde sie von der kurz nach ihr gestarteten Tina Weirather überflügelt – um eine Hundertstelsekunde.
Eine Hundertstel entscheidet über alles
In einem absolut verrückten Rennen war es danach erneut die Winzigkeit einer Hundertstel, die Gut von ihrer zweiten Olympia-Medaille trennte. Denn nachdem Anna Veith Weirather übertrumpft hatte, stellte Ester Ledecka das Rennen mit Startnummer 26 auf den Kopf. Die tschechische Snowboarderin siegte eine Hundertstel vor Veith.
Für Gut war der Olympia-Super-G ein Déjà-vu der bitteren Art. Schon vor 4 Jahren in Sotschi war ihr in dieser Disziplin der undankbare 4. Rang geblieben. Gut, die kurz nach Weirathers Fahrt weinend in den Armen ihres Vaters Pauli gelegen hatte, zeigte sich nach dem Rennen verletzlich wie selten. Im Interview sagte die 26-Jährige: «Ich möchte nur weinen.»
Ich versuche immer, positiv zu sein, das Gute mitzunehmen. Aber es tut weh.
Gut gab zwar zu bedenken, dass sie einen weiten Weg hinter sich habe: Vor einem Jahr lag sie nach ihrem Kreuzbandriss an der WM in St. Moritz im Spital, jetzt sei sie Vierte an den Olympischen Spielen. «Ich versuche immer, positiv zu sein, das Gute mitzunehmen. Aber es tut weh», gestand sie. «Du fühlst dich leer.»
Im Ziel dachte ich, mit der Anzeigetafel stimmt etwas nicht.
Doch Gut hat kaum Zeit, die Enttäuschung zu verarbeiten, stehen doch schon die Abfahrtstrainings und am Mittwoch die Abfahrt an. Doch die Tessinerin zeigte sich gleich wieder angriffig: «Vielleicht sind das nächste Mal die Hundertstel auf meiner Seite.» Und sie verspricht, dass sie weiterkämpfen werde.
Multitalent Ledecka absolut nicht vorbereitet
Komplett anders war die Gefühlslage bei Ledecka. «Ich glaube es immer noch nicht», so die Snowboard-Seriensiegerin. Sie versuche jedes Mal, zu gewinnen, aber jetzt sei es tatsächlich passiert. Dabei glaubte die 22-jährige Tschechin an einen Fehler: «Im Ziel dachte ich, mit der Anzeigetafel stimmt etwas nicht, die werden das gleich korrigieren. Aber dann haben alle gejubelt.»
Auch an der Medienkonferenz konnte die zweifache Snowboard-Weltmeisterin ihr Glück nicht fassen. Ledecka erschien mit Skibrille zum Termin. Auf die Frage, ob die diese abziehen könne, verneinte sie. «Ich war nicht darauf vorbereitet. Ich trage kein Make-up», sagte sie lachend.
Den Skizirkus wird sie nicht weiter aufmischen, denn die Super-G-Siegerin kann in der Olympia-Abfahrt nicht an den Start gehen. «Ich würde sehr gern die Abfahrt fahren, aber ich weiss, dass ich jetzt aufs Snowboard zurück muss», erklärte sie. Sie sei schon zu lange auf Ski gefahren.
Sendebezug: Laufende Olymia-Berichterstattung