«Die grossen Medaillen kommen nicht in die Kiste», sagte Mujinga Kambundji am Sonntagabend im «Sportpanorama». Das jüngste Exemplar ihrer Sammlung ist eine grosse. Die grösste, welche die Bernerin bisher gewonnen hat. Und in Sachen Schweizer Sportgeschichte eine historische obendrein. Knapp 30 Jahre ist es her, seit die Schweiz letztmals Gold an einer Hallen-WM gewonnen hatte.
Ich gehe davon aus, dass es eine Zeit unter 7 Sekunden geben wird – von irgendjemandem.
«In der Leichtathletik gibt es eine extrem hohe Dichte. Die Konkurrenz ist riesig, insbesondere im Sprint. Man braucht eine Bahn und ein paar Schuhe, dann kann jeder ‹seckle›. Deshalb bin ich umso stolzer», sagte Kambundji über ihren Gold-Coup, bei dem sie mit 6,96 Sekunden so schnell lief wie bisher keine andere Athletin in diesem Jahrhundert.
Aus dem Nichts kommt dieser Coup nicht. Vielmehr ist er die (vorläufige) Krönung in der bisherigen Karriere der 29-Jährigen, die noch im Februar anlässlich der Schweizer Meisterschaften gesagt hatte: «Ich gehe davon aus, dass es eine Zeit unter 7 Sekunden geben wird – von irgendjemandem.» Kambundji war zuvor in 7,05 s zu ihrem 7. Meistertitel gelaufen.
Heim-EM als Startschuss für Grosses
Kambundji hat einen stetigen Aufstieg hinter sich. Der Durchbruch gelang ihr 2016 an der EM in Amsterdam, als sie über 100 m Bronze holte – ihre erste Medaille an einem internationalen Grossanlass. Zwei Jahre zuvor war die Bernerin anlässlich der Heim-EM in Zürich so richtig in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit gerückt. Eine Medaille war der damals 22-Jährigen noch verwehrt geblieben. Über 100 m wurde sie Vierte, über 200 m Fünfte.
Dass ich jetzt zeigen konnte – auch allen anderen –, dass es machbar ist, freut mich sehr.
Es waren nicht die einzigen Male in Kambundjis Karriere, dass das Hundertstelglück nicht auf ihrer Seite war. An der EM 2018 in Berlin etwa wurde sie gleich 3 Mal Vierte. Im Jahr darauf revanchierte sich die Schweizerin für die für sie enttäuschenden Titelkämpfe in Deutschland. In Doha gewann sie mit Bronze über 200 m ihre erste WM-Medaille (Freiluft).
Immer an Kambundjis Seite? Trainer Adrian Rothenbühler. Mit dem ehemaligen Schweizer Zehnkämpfer arbeitet Kambundji seit 2012 zusammen. Ein Erfolgsgespann, das seine Zusammenarbeit nun mit WM-Gold krönte. Der Bernerin ist aber auch die Signalwirkung ihres Erfolgs wichtig. «Man dachte in der Leichtathletik immer, wir in der kleinen Schweiz, das ist nicht machbar. Dass ich jetzt zeigen konnte – auch allen anderen –, dass es machbar ist, freut mich sehr.»
Mit ihrem Gold-Lauf in Belgrad hat Kambundji früh in der Saison für ein absolutes Highlight gesorgt. Und gleichzeitig eine Ansage an ihre Konkurrentinnen gemacht. Denn noch steht die Saison erst am Anfang. Im Juli findet die WM in Eugene (USA) statt, im August die EM in München.