Im Juli vor 5 Jahren ging Noemi Zbärens Stern kometenhaft auf: Mit der zweitschnellsten je von einer Schweizerin gelaufenen Zeit holte sie sich über 100 m Hürden an der U23-EM im estnischen Tallinn Gold. Einen Monat später wurde sie an der Elite-WM in Peking sensationelle Sechste. Es war die vorläufige Krönung einer Karriere, die bis dahin steil nach oben verlaufen war.
Es ist sehr cool, nach einer langen Zeit wieder auf diesem Niveau angekommen zu sein.
Doch es folgten schwierige Jahre für die so begabte Emmentalerin: 2016 riss sie sich das Kreuzband, danach führten Muskelfaserrisse und eine Dysbalance in der Hüfte dazu, dass sie die Saison vorzeitig beenden musste. Erst 2019 konnte sie wieder beschwerdefrei laufen, doch an ihre besten Zeiten kam sie nicht heran.
Zweitbeste Zeit seit 2015
Umso mehr erstaunte am Wochenende Zbärens Auftritt beim Meeting in Langenthal: In 13,14 realisierte sie ihre zweitschnellste Zeit seit 5 Jahren – nur 2017 war sie in 13,09 schneller gewesen. «Es war eine Erlösung nach einer langen Zeit, in der man etwas anders trainieren und umstellen musste», sagte Zbären mit einem Lächeln.
Die starke Zeit stimme sie «sehr positiv für das, was jetzt noch kommt», so die 26-Jährige. Die verlängerte Vorbereitungsphase aufgrund der Corona-Pandemie haben ihr Zeit gegeben, mehr in die Grundlagenarbeit zu investieren. «Ich konnte auch etwas Gutes aus der Lockdown-Zeit herausziehen», so Zbären. Was sie bezogen auf die Corona-Zwangspause meinte, gilt für sie auch für die letzten Jahre.
Hadern mit äusserer Erwartungshaltung
Die Erleichterung über ihren Exploit war Zbären anzusehen, nachdem sie in den letzten Jahren Rücktrittsgedanken gewälzt hatte. Der Umgang mit den Verletzungen war für sie schwierig, da sie kein geduldiger Mensch sei.
Das nicht zu nah an sich heranzulassen, war schwierig.
Zudem habe ihr zugesetzt, dass Aussenstehende sie immer mit alten Topzeiten verglichen hätten, ohne die Details zu kennen. «Das nicht zu nah an sich heranzulassen, war schwierig», so die Emmentalerin. Deshalb sei es jetzt «sehr cool, nach einer langen Zeit wieder auf diesem Niveau angekommen zu sein».
Mit neuem Selbstvertrauen will Zbären die weitere Saison so gut wie möglich geniessen, auch wenn kaum ein Meeting in gewohntem Rahmen stattfindet. Und im Hinterkopf sind dabei auch die Olympischen Spiele in Tokio. Die Verschiebung von 2020 auf 2021 ist für die Hürdenläuferin «sicher nicht so schlecht», wie sie bescheiden meint.