Es ist nur ein symbolisches Zeichen, und dennoch fällt es sogleich auf: Der blau-gelbe Lidschatten im Gesicht von Jaroslawa Mahutschich. Seit der russischen Invasion in der Ukraine gehören die Nationalfarben zum Wettkampf-Look der ukrainischen Hochspringerin.
Fern und doch nah
Zwar befindet sich Mahutschich aufgrund ihres Sportlerdaseins oft mehrere tausend Kilometer von ihrer Heimat entfernt, und doch ist ihr diese derzeit näher denn je. Auf ihre Situation angesprochen, hat Mahutschich Mühe, die richtigen Worte zu finden: «Es ist mental sehr schwierig, sich aktuell auf den Hochsprung zu fokussieren.»
Wegen des anhaltenden Krieges kann die 20-Jährige weiterhin nicht in ihre Heimat zurückkehren. Mahutschich stammt aus Dnipropetrowsk, einer Millionenstadt aus der gleichnamigen Region im Osten der Ukraine, die an das umkämpfte Donbass-Gebiet grenzt. Obschon – oder gerade, weil die Hochspringerin das Geschehen aus ihrer Heimat mitverfolgt, gelingen ihr derzeit sportliche Höchstleistungen.
Ein eindrückliches Beispiel dafür ist nebst den drei Triumphen in der aktuellen Diamond-League-Saison die Hallen-WM im März in Belgrad. Dort kürte sich Mahutschich zur Weltmeisterin im Hochsprung, nachdem sie zuvor in 60 Stunden mit dem Auto direkt aus ihrem Heimatland in die serbische Hauptstadt geflüchtet war.
Der Sport als Plattform
Zuletzt triumphierte Mahutschich in Paris mit Jahresweltbestleistung vor ihren beiden Landsfrauen Irina Geraschtschenko und Julija Lewtschenko. Die Aufmerksamkeit, welche sie durch den Sport erzeugt, nutzt Mahutschich, um auf die Situation in der Ukraine aufmerksam zu machen – und um ihren Landsleuten Hoffnung zu schenken. «Mit meinen Leistungen will ich zeigen, dass das ukrainische Volk eine starke Nation ist.»
Wo bei der Ausnahmeathletin die Prioritäten liegen, lässt Mahutschich am Ende des Interviews durchblicken. Auf die Frage angesprochen, was für sie derzeit am wichtigsten ist, muss die Weltmeisterin nicht lange überlegen: «Ein baldiges Kriegsende – und dann der Weltrekord.»