Am Mittwoch stehen an den European Championships in München die beiden Zeitfahren auf dem Programm. Um 14:00 Uhr starten die Frauen, dreieinhalb Stunden später die Männer. In beiden Rennen darf man aus Schweizer Sicht mit Medaillen liebäugeln. Stefan Küng und Marlen Reusser streben in München die Titelverteidigung an. Bei beiden lief die Vorbereitung aber nicht optimal:
- Stefan Küng (Zeitfahr-Erfolge: EM-Gold 2020 und 2021): Der Europameister der letzten beiden Jahre hat bewegte Wochen hinter sich. Nach der Tour de Suisse, die er auf dem starken 5. Gesamtrang beendet hatte, infizierte sich der Ostschweizer mit Corona. Während der dreiwöchigen Tour de France sei er nicht an sein Leistungsniveau herangekommen. «Im Training lief es wieder etwas besser, ich bin deshalb vorsichtig optimistisch. Es ist sicher das Ziel, den Titel zu verteidigen. Aber es gibt einige Fragezeichen», so Küng. Eine Portion Extra-Motivation könnte dem Titelverteidiger die Geburt seines Sohnes verleihen. Küng ist zwei Tage nach dem Ende der Tour de Suisse erstmals Vater geworden und hat seit dem Ende der Frankreich-Rundfahrt viel Zeit mit seiner Familie verbracht.
- Marlen Reusser (Zeitfahr-Erfolge: Olympia-Silber 2021, WM-Silber 2020, EM-Gold 2021): Auch bei den Frauen stellt die Schweiz mit Marlen Reusser die Titelverteidigerin. Auch die Vorbereitung der Bernerin verlief alles andere als optimal. Zuerst brach sich die 30-Jährige die Hand, dann erkrankte sie an Corona und Ende Juli musste sie die Tour de France der Frauen wegen einer Gehirnerschütterung aufgeben. Erst seit gut einer Woche ist sie zurück im Training. «Ich habe einfach mit meinem Maximum trainiert, ohne dabei auf Wattzahlen zu achten. Wo ich stehe, werden wir sehen. Aber ich habe das Gefühl, dass es nicht so schlecht ist», so Reusser.
Mit Stefan Bissegger verfügt die Schweiz neben Küng über einen zweiten ausgewiesenen Zeitfahr-Spezialisten. In jüngerer Vergangenheit hatte der 23-Jährige das nötige Wettkampfglück nicht auf seiner Seite. Das Zeitfahren an der Tour de Suisse verpasste er wegen Corona, an der Tour de France kam der Thurgauer im Kampf gegen die Uhr im Regen gleich zweimal zu Fall. Das Selbstvertrauen ist Bissegger deshalb aber nicht abhanden gekommen. Zieht er einen starken Tag ein und kann er seine vorgenommene Pace durchziehen, «dann weiss ich, dass ich auf dem Podium stehe».
Triathletin Hartmann sattelt um
Eine ganz andere Ausgangslage hat Triathletin Elena Hartmann, die neben Reusser das Zeitfahren der Frauen bestreiten wird. Die 32-Jährige hatte sich Ende Juni in Abwesenheit von Reusser den Schweizer Meistertitel im Zeitfahren gesichert. Noch am Anfang des Jahres habe ihre Saisonplanung ganz anders ausgesehen. «Von absoluter Nervosität bis zu ‹ich kann es nicht glauben› habe ich alles in mir», beschreibt die Bündnerin ihre Achterbahn der Gefühle.
Sie habe immer gewusst, dass Radfahren ihre mit Abstand stärkste Disziplin sei. Am Triathlon sei sie gehangen, weil es einfach eine Abwechslung sei. «Aber die letzten 2 Monate habe ich praktisch nur auf dem Zeitfahr-Velo verbracht. Und jedes Training war einfach der Hammer», schwärmt Hartmann.