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Dann droht das Chaos Die Angst des Verbands vor dem gestellten Schlussgang

16 Minuten dauert der Schlussgang am ESAF. Reicht diese Zeit nicht für einen Sieger, wird es kompliziert.

Ein Schlussgang ohne Schwinger auf dem Rücken.
Legende: Wollen die Kampfrichter am ESAF nicht sehen Ein Schlussgang ohne Schwinger auf dem Rücken. Keystone / Gian Ehrenzeller

An jedem Schwingfest gibt es einen Sieger. Manchmal gibt es auch zwei oder – wie am letztjährigen Kilchberger Schwinget – drei Sieger. Aber an einem Eidgenössischen Fest ist der Sieger nicht automatisch der Schwingerkönig. Der Titel des Schwingerkönigs muss am späten Sonntagnachmittag vom Einteilungskampfgericht und vom Zentralvorstand des Eidgenössischen Schwingerverbandes ESV extra vergeben werden.

Am einfachsten ist die Sache, wenn einer der beiden Kontrahenten den Schlussgang gewinnt und dann der alleinige Punkthöchste ist. In diesem Fall wird ohne jede Diskussion sofort gejubelt und gefeiert. Es lebe der König.

Unbeliebter Titel «Erstgekrönter»

Aber nicht selten ist es eine Gratwanderung. Am Eidgenössischen 2010 in Frauenfeld zum Beispiel drohte ein Dilemma. Kilian Wenger gewann die ersten sieben Gänge. Er hatte einen so grossen Vorsprung, dass er vom Schlussgang-Gegner Martin Grab nicht mehr eingeholt werden konnte. Wenger besiegte auch Grab, alles war eindeutig.

Was aber, wenn Grab den Schlussgang gewonnen hätte? Eventuell wäre der Königstitel nicht vergeben worden, und Wenger hätte den kaum beliebten Titel des «Erstgekrönten» bekommen.

Glarner macht es spannend

2016 in Estavayer fehlte wenig zu einem ähnlichen Problem. Der 16-minütige Schlussgang dauerte nur noch 153 Sekunden, ehe Matthias Glarner Armon Orlik mit einem Stich-Angriff platt auf den Rücken beförderte. Auch hier eine klare Sache: Glarner war König.

Wenn jedoch auch die letzten zweieinhalb Minuten resultatlos verlaufen wären, so wäre der damals 18-jährige Samuel Giger an Glarner und Orlik vorbeigezogen. Der Thurgauer wäre alleiniger Festsieger gewesen. Aber kann ein Festsieger, der nicht im Schlussgang war, Schwingerkönig sein?

Gefürchtete Szenarien

Es ist klar, dass man sich im ESV vor solchen Szenarien fürchtet. Die Crux ist in jedem Fall der gestellte Schlussgang. Allein durch die Gangdauer von heute 16 Minuten ist die Wahrscheinlichkeit einer Entscheidung hoch. Aber es ist nur eine Wahrscheinlichkeit, eine Garantie gibt es nicht.

Die Technischen Leiter der Teilverbände und der Zentralvorstand haben alle Varianten (König oder nicht König) erörtert und pro Variante vorentscheiden. Wenn immer möglich soll der Titel vergeben werden.

Wer wird bei Punktgleichheit König?

Dennoch gibt es Fallbeispiele, bei denen die Ernennung eines Königs praktisch nicht möglich wäre. Oder sogar unfair. Das Folgende nämlich: Der Schlussgang endet gestellt. Drei vorher hinter den Schlussgangteilnehmern klassierte Schwinger gewinnen ihren letzten Gang. Alle drei sind punktgleich Erste. Aber welcher der drei sollte der König sein?

Drei Kilchberg-Sieger jubeln
Legende: Drei Sieger brachte der Kilchberg-Schwinget 2021 hervor. Keystone / MICHAEL BUHOLZER

Präzedenz-Urteile

In einfacheren Fällen gibt es schon Präzedenz-Urteile: Endet ein Schlussgang gestellt, und einer der beiden ist alleiniger Festsieger, so wird er auch König. So geschah es 2001 in Nyon zwischen Arnold Forrer (König) und Jörg Abderhalden und 2004 in Luzern zwischen Jörg Abderhalden (König) und Thomas Sutter.

Holt der Schlussgangsieger seinen Gegner mit einem Sieg nach Punkten ein, so ist er König, der Verlierer ist Erstgekrönter. So geschah es zuletzt in Zug zwischen Christian Stucki (König) und Joel Wicki.

Die Chancen, dass die Schweiz am Sonntagabend einen neuen (oder alten) König haben wird, stehen sehr gut. Denn in den letzten 70 Jahren gab es immer einen solchen.

 

SRF 1, «1 gegen 100 – Schwingfest-Special», 20.08.22, 20:10 Uhr ; 

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