Wir werden herzlich empfangen in der engen, aber lieblichen Wohnung gegenüber dem Bahnhof von Are. Man tischt Kaffee und Glühwein auf. Bücherregale, prall gefüllt bis unter die Zimmerdecke, zeugen von den breiten Interessen des Ehepaars. Viele Bilder und Erinnerungen sind Zeitzeugen eines bewegten Lebens.
Barbro (84) und Heinz Erlbacher (75) haben sich erst vor 6 Wochen hier eingenistet. Bis vor kurzem lebten sie in einem auffällig roten Haus direkt an der WM-Rennstrecke. Barbro Erlbacher hat jede Ski-Weltmeisterschaft in ihrem Geburtsort mit grösstem Interesse mitverfolgt, sie kennt einige Episoden. Tauchen wir ein in die Erinnerungen der rüstigen Frau.
WM 1954: Ein Dorf in heller Aufregung
20-jährig war Barbro Erlbacher, als Are erstmals die alpine Ski-WM austrug. Sie verweist auf einen Aufruhr, der im überschaulichen Dorf mit ein paar Hundert Einwohnern plötzlich herrschte. «Wir waren uns damals noch nicht an ausländische Touristen gewöhnt. Also schwärmten wir Einheimische abends alle aus zum Bahnhof und waren verblüfft: Österreicher, Schweizer, Italiener, sie alle besuchten uns.»
Die Rennen fanden mitten im Dorf statt, Erlbacher hat keines verpasst. Und sie jubelte den schwedischen Bronzegewinnern Stig Sollander und Sara Thomasson zu.
Die damals junge Frau staunte auch ob diesen Erlebnissen:
- «Der grosse Star war Stein Eriksen . Seine Popularität sorgte dafür, dass die Norweger in Scharen nach Are reisten. Eriksen gewann hier 3 Mal WM-Gold und war der Frauenschwarm.» Auch bei ihr selbst übte der Fahrer eine Anziehungskraft aus.
- «Am Start standen zwei Libanesen , für uns war dies schlicht unglaublich. Ich erinnere mich noch gut: Der eine war Ölmillionär. Eines Abends kam er auf den Dorfplatz und hat Geld verteilt.»
WM 2007: Der ganze «Zirkus» vor der Haustür
53 Jahre später: Barbro Erlbacher wohnt inzwischen direkt an der Rennpiste. Dort, wo sie einst Kartoffeln erntete, befindet sich der WM-Zielbereich. Die Freude darüber, dass die Titelkämpfe erneut in Are zu Gast sind, ist riesig. «Auch darum, weil in den 1960-er Jahren eine enorme Entwicklung im schwedischen Skisport stattgefunden hat.»
Der Ansturm hielt sich in Grenzen. Gefragt waren Tipps für das Nachtleben.
Erlbacher musste nur wenige Schritte zurücklegen bis in ihr temporäres Büro während der WM. Im Volunteer-Team arbeitete sie am Informationsschalter. «Der Ansturm hielt sich in Grenzen. Gefragt waren vor allem Tipps für das Nachtleben», sagt sie mit einem Schmunzeln. Am Rande kam es übrigens zum Wiedersehen mit Stein Eriksen.
WM 2019: Alles eine weitere Nummer grösser
Weil sie mit ihrem Mann ins Dorf direkt hinter die Medal Plaza umgesiedelt ist, hat es Erlbacher bei der 3. WM in Are etwas weiter zum Renngelände. Wenn immer möglich ist sie Zaungast bei den Wettkämpfen und harrt bei zweistelligen Minus-Temperaturen aus. «Es ist sehr nett, die Atmosphäre aufzusaugen. Auffällig ist, dass der Anlass in allen Dimensionen nochmals gewachsen ist.»
Erlbacher sagt 4 Medaillen für die technik-affinen Gastgeber voraus und verrät, dass sie auch für Vincent Kriechmayr die Daumen drückte.
Fortsetzung: Demnächst erzählt uns Heinz Erlbacher, wie es so weit gekommen ist, dass auf seinem einstigen Kartoffelacker eine Abfahrtsstrecke erbaut wurde.
Sendebezug: SRF zwei, «are aktuell», 11.02.2019 18:20 Uhr