Das Mikrofon verdeckte fast ihr ganzes Gesicht, das vor Stolz, Freude und Jugendlichkeit strahlte: Lara Gut hatte sich am Abend dieses 6. Februars 2009 zum SRF-Interview eingefunden. Die Eindrücke ihrer gewonnenen WM-Silbermedaille in der Super-Kombination von Val d'Isère waren noch frisch.
«Ich habe ziemlich viele Komplimente erhalten», sagte die 17-Jährige. Sogar Bode Miller, damals unbestrittene Grösse und «cooler Hund» im Skizirkus, habe ihr gratuliert. «Er sagte mir, dass ich schon krass Slalom fahre. Er habe mit seinem Servicemann gewettet, dass ich den Lauf trotzdem runterbringe», lachte die Tessinerin.
Nachgedoppelt in der Abfahrt
Ohne je einen Weltcup-Slalom bestritten zu haben, behauptete sich Gut in ihrem allerersten WM-Kombi-Rennen gegen namhafte Konkurrentinnen. Die Medaille hatte nicht erwartet werden können, auch wenn Gut bereits in der Saison zuvor in St. Moritz mit dem 3. Platz in ihrer ersten Weltcup-Abfahrt ihr riesiges Potenzial demonstriert und sich wenige Monate vor der WM gleichenorts zur jüngsten Weltcup-Siegerin im Super-G gemacht hatte.
Nur drei Tage nach der Super-Kombination folgte der zweite WM-Streich. Vom Trubel um ihre Person unbeeindruckt, lieferte Gut in der Königsdisziplin gleich noch eine Kostprobe ihres Könnens. Zum zweiten Mal durfte sie sich Silber umhängen lassen, nur Lindsey Vonn war in der Abfahrt stärker.
Unbekümmertheit und Ehrgeiz
Gut, die die Ski-Fans auch mit ihrer unglaublichen Lockerheit vor dem Start, ihren Sprüchen und ihrer Frohnatur beeindruckt hatte, liess in dieser Situation ihren grossen Ehrgeiz durchblicken.
Obwohl sie sich am Renntag mit Bauchschmerzen herumplagte, schüttelte sie nach ihrer schnellen Fahrt im Ziel den Kopf. «Ich wusste schon, dass es nicht zu Gold reichen würde», so die lapidare Begründung im Interview.
In Cortina ganz oben angekommen
Zum ersehnten WM-Gold reichte es auch in den folgenden Jahren nicht. Zwar gab es 2013 (Schladming) noch einmal Silber und 2015 (Vail/Beaver Creek) und 2017 (St. Moritz) je eine Bronzemedaille. Doch das oberste Treppchen blieb für die Gesamtweltcupsiegerin von 2016 versperrt. Bis vor zwei Jahren.
In Cortina d'Ampezzo machte sich Gut, mittlerweile verheiratet und als Gut-Behrami unterwegs, mit Gold im Super-G und im Riesenslalom zur Doppelweltmeisterin. Ausserdem kam Bronze in der Abfahrt dazu. 8 Mal Edelmetall hat ausser ihr keine Schweizerin an Weltmeisterschaften errungen.
Die erfolgreichsten Schweizerinnen an Ski-Weltmeisterschaften (nur Einzel-Wettbewerbe)
Rang | Name | Gold | Silber | Bronze | Gesamt |
---|---|---|---|---|---|
1. | Erika Hess | 6 | 1 | 7 | |
2. | Vreni Schneider | 3 | 2 | 1 | 6 |
3. | Maria Walliser | 3 | 1 | 4 | |
4. | Lara Gut-Behrami | 2 | 3 | 3 | 8 |
5. | Madeleine Berthod | 2 | 2 | 4 | |
6. | Anny Rüegg | 2 | 1 | 2 | 5 |
7. | Wendy Holdener | 2 | 1 | 3 | |
. | Ida Schöpfer | 2 | 1 | 3 | |
9. | Marie-Theres Nadig | 2 | 1 | 3 | |
10. | Rösli Streiff | 2 | 2 |
In Courchevel/Méribel tritt Gut-Behrami 31-jährig zu ihrer bereits 8. WM an. 14 Jahre nach der Sternstunde im nur 33 Kilometer Luftlinie entfernten Val d'Isère tut sie es als gereifte, etablierte Athletin, deren Erfolgshunger noch lange nicht gestillt ist.