Cristian Javier Simari Birkner, zwei Ihrer drei Geschwister und Ihre Mutter, die auch der Coach von Ihnen drei ist, sind ebenfalls in St. Moritz. Wie sind Sie im Weltcup unterwegs?
Simari Birkner: Während den letzten 6 Jahren ist meine Mutter immer mit meinen Schwestern unterwegs gewesen. Sie präpariert ihre Ski. Hier an der WM sind wir alle zusammen und sie hilft auch mir ein wenig, weil wir niemand anderen haben. Aber ich bin schon so lange dabei, dass ich viel Hilfe von anderen Teams erhalte. Meine Ski präpariere ich schon lange selber. Ich bin ziemlich gut darin und mag es, wie ich es mache.
Der argentinische Skiverband hat die Infrastruktur eines Skiclubs in der Schweiz, Frankreich oder Italien.
Sie sind einer von Argentiniens Ski-Pionieren. Wird das in Ihrer Heimat anerkannt?
Ich denke, dass es ausserhalb meiner Heimat viel mehr anerkannt wird, da Skifahren in Argentinien nicht so populär ist. Stattdessen misst sich jeder in Argentinien, der Ski fährt, mit mir oder meiner Familie. Wenn ich in die Schweiz oder nach Österreich komme, wo die Leute Ahnung vom Skisport haben, und an einer Tankstelle anhalte, sagen sie: ‹Oh, du bist aus Argentinien, du bist Simari Birkner›.
Argentinien ist viel bekannter für Fussball. Weshalb wurden Sie Skifahrer?
Als ich klein war, gab es in Bariloche im Winter nichts anderes zu tun. Meine Onkel waren Skifahrer oder Skilehrer. Als die Wirtschaft in Argentinien in den 1990er Jahren schwächelte, sind meine Eltern nach Italien gereist, um dort als Skilehrer zu arbeiten und wir sind Skiclubs in Italien beigetreten. Dann habe ich endlich die Welt des alpinen Skisports kennengelernt. Ich habe Weltcup-Rennen geschaut und die Jungs wie Marc Girardelli und Alberto Tomba gesehen. Dann habe ich entschieden, dass ich das auch machen möchte. Skifahren ist seit 25 Jahren mein Leben.
Wenn du an 20, 30 andere Dinge denken musst und auf Topniveau Skifahren musst, ist das nicht so einfach.
Wie muss man sich Ihren Alltag im Weltcup vorstellen? Müssen Sie alles selber organisieren?
Das mussten wir schon immer, denn unser Nationalteam und unser Verband waren nie wirklich organisiert. Wenn man beispielsweise nach einem Anmeldeformular fragt, hört man: ‹Oh nein, am Wochenende gehe ich nicht zum Verband›. Wir mussten schon immer unsere Reisen, Trainings etc. selber organisieren und das tun wir noch immer.
Auch wenn Argentiniens Sport seit 2009 neu organisiert ist und der Skisport viel mehr Geld erhält, hat er die Infrastruktur eines Skiclubs in der Schweiz, Frankreich oder Italien. Nach Olympia in Sotschi erhielten wir keine Unterstützung mehr vom Verband – und trotzdem schlagen wir noch immer alle Fahrer des argentinischen Verbands. Manchmal ist es schwierig, wie beispielsweise hier, wo alles so teuer ist und wir nur einen Coach haben. Wir hätten auch gerne 10 Trainer wie andere Teams, es macht wirklich einen Unterschied. Aber wir sind es uns gewohnt, mit kleinem Budget zu reisen. Das passt schon.
Also beneiden Sie die Schweizer oder die Österreicher nicht zu sehr?
Oh doch, das tue ich. Wenn ich sehe, wie viele Trainer sie haben und dass sie ihre Ski nicht selber tragen müssen und Servicemänner haben. Wenn ich mit Fahrern dieser Nationen sprechen, sagen sie: ‹Ich weiss nicht viel über die USA oder Russland, wir kommen einfach hierher, gehen zum Hotel, fahren das Rennen und gehen wieder zurück›. Für mich ist es komplett anders, ich muss Hotels suchen, Autos mieten, Trainings organisieren, in die Skiresorts fahren, nach Lifttickets fragen und so weiter.
So sieht man zwar viel mehr, aber ich hätte es auch gerne wie die Schweizer oder die Österreicher, die nur ans Rennen denken können. Meiner Meinung nach ist das die einzige Art, um tatsächlich um Medaillen kämpfen zu können. Wenn du an 20, 30 andere Dinge denken musst und auf Topniveau Skifahren musst, ist es nicht so einfach.
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 12.2.2017, 12:30 Uhr